Pussy-Riot-Mitglied prangert Misshandlung an

Ein verurteilte Aktivistin der kremlkritischen Punkband Pussy Riot hat grobe Misshandlung durch einen russischen Polizisten beklagt.
von  dpa

Moskau - Nach der Verurteilung zu zwei Jahren Lagerhaft habe der Beamte sie zunächst mit Schimpfworten zur Eile angetrieben und ihr dann den Arm verdreht. Das berichtete Maria Aljochina (24) in einem Brief aus dem Gefängnis, den ihr Anwalt Nikolai Polosow auf seinem Internetblog veröffentlichte. Es sei der erste körperliche Übergriff gegen die drei Frauen gewesen, schrieb Aljochina. Pussy Riot hatte am 21. Februar mit einem Punkgebet in einer Kirche gegen Kremlchef Wladimir Putin protestiert.

Am Dienstag kündigte die Band an, Pussy Riot als Markenzeichen schützen zu lassen. Leider gebe es Menschen, die den Namen für ihre dubiosen Projekte nutzen oder der Gruppe schaden wollten, sagte Verteidiger Mark Fejgin. Die Justiz fahndet weiter nach Mitgliedern des Kunstkollektivs, die ebenfalls an der skurrilen Performance in der Moskauer Erlöserkathedrale teilgenommen haben sollen.

Mutmaßliche Mitglieder von Anonymous legten die Internetseite des Moskauer Chamowniki-Gerichts, das die Frauen in der Vorwoche verurteilt hatte, kurzzeitig lahm. Das Gericht hatte Aljochina sowie Nadeschda Tolokonnikowa (22) und Jekaterina Samuzewitsch (30) wegen Rowdytums aus religiösem Hass schuldig gesprochen. Damit ist Hass gegenüber Gläubigen oder ihrer Religion gemeint.

Der Menschenrechtsbeauftragte des Kreml, Michail Fedotow, erneuerte seine Kritik an dem weltweit umstrittenen Urteil. Der Richterspruch sei ein "historischer Justizirrtum", sagte Fedotow der Agentur Interfax. Umfragen zufolge unterstützt allerdings die Mehrheit der Russen das Vorgehen der Justiz. "Unsere Gesellschaft ist ziemlich konservativ in Bezug auf ein respektvolles Verhalten zu Traditionen und Werten", sagte der Politologe Jan Waslawski der Zeitung "Nesawissimaja Gaseta".

Die Moskauer Justiz ging ungeachtet der andauernden Empörung weiter gegen Putin-Kritiker vor. Ein Gericht verurteilte Sergej Udalzow, einen der Oppositionsführer, zu umgerechnet rund 760 Euro Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Die Strafen waren erst im Juni radikal erhöht worden.

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