Proteste gegen Regierung in Serbien eskalieren erneut

In Serbien ist es den zweiten Abend in Folge zu gewaltsamen Protesten gegen die Staatsführung von Präsident Aleksandar Vucic gekommen. In der zweitgrößten Stadt Novi Sad im Norden des Landes zerschlugen Menschen die Scheiben von zwei Sitzen der Präsidentenpartei SNS, drangen in die Gebäude ein und entfernten Gegenstände, wie serbische Medien berichteten. In der Hauptstadt Belgrad bewarfen SNS-Anhänger die Regierungsgegner mit Feuerwerkskörpern. Die Stimmung sei chaotisch, hieß es in den Medien weiter.
Nach Angaben von Innenminister Ivica Dacic wurden fünf Polizisten verletzt und 14 Demonstranten festgenommen. Vucic erklärte in einer TV-Talkshow, dass es noch weitere Festnahmen geben werde. Er kritisierte zudem die Polizei dafür, dass sie gegen die Demonstranten in Novi Sad nicht hart genug eingeschritten sei. An einem der dort verwüsteten SNS-Gebäude seien zum Zeitpunkt des Ansturms gar keine Polizisten anwesend gewesen, berichtete die Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug.
Wie am Abend davor demonstrierten Regierungsgegner in mehr als 30 Orten des Landes vor den jeweiligen SNS-Parteisitzen und wurden dort von Polizeisperren und Anhängern der SNS erwartet. Bereits am Vorabend hatte es Dutzende Verletzte gegeben - bei Handgemengen zwischen Demonstranten der verschiedenen Seiten und durch Polizeigewalt mit Knüppeln. Vucic hatte angekündigt, die Behörden würden die Straßen von Demonstranten "säubern", die er als Verbrecher bezeichnete.
Korruptionsvorwurf als Protestauslöser
Schon seit mehr als neun Monaten demonstrieren fast jeden Tag Massen von Menschen in Serbien gegen Vucic. Auslöser der Proteste war der Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November 2024. Dabei kamen 16 Menschen ums Leben. Unabhängige Experten und Oppositionelle machen Schlamperei und Korruption unter der Vucic-Regierung für die Tragödie verantwortlich.
Die Demonstranten kritisieren die Vucic-Regierung als korrupt und autoritär. Sie fordern ihren Rücktritt und Neuwahlen. Befeuert hatte die jüngsten Proteste, dass Anhänger von Vucic' Partei SNS vor drei Tagen in den nordserbischen Dörfern Vrbas und Backa Palanka regierungskritische Demonstranten tätlich angegriffen hatten, ohne dass die Polizei dagegen einschritt.