Politiker schlagen Alarm: Dealer-Treff Schule?

Drogendelikte nehmen dort deutlich zu. Warn-Kampagnen gibt es viele, doch Erfolge bleiben anscheinend aus. Warum der Pausenhof immer öfter zum Umschlagplatz für dealende Teenager wird.
Fabian Nitschmann |
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Noch schnell einen Joint für die Pause drehen – an vielen Schulen gehört das mittlerweile zum Alltag.
Daniel Karmann/dpa Noch schnell einen Joint für die Pause drehen – an vielen Schulen gehört das mittlerweile zum Alltag.

Berlin - Auf dem Schulklo einen Joint drehen, unter dem Tisch ein Tütchen mit Marihuana gegen Bares tauschen – oder ein paar Pillen in einer Ecke des Schulhofs einwerfen.

Eigentlich verbindet man mit dem Alltag an Schulen Lehrbücher, Tafelkreide und Aufsätze. Aber Zahlen der Landeskriminalämter und der Innenministerien zeigen: Auch Drogen gehören inzwischen in diese Aufzählung.

Ob Cannabis oder chemische Keulen wie Crystal Meth: Auf Deutschlands Schulhöfen hat die Rauschgiftkriminalität in den vergangenen Jahren teils drastisch zugenommen. In Baden-Württemberg etwa hat sich die Zahl der Drogendelikte am Tatort Schule fast verdreifacht. 2011 waren es noch 348, im Jahr 2015 dagegen 939 Fälle – und das trotz eines flächendeckenden Suchtpräventionsprogramms.

Politik beklagt "Verharmlosung von Cannabis"

Auch in den anderen Bundesländern steigen die Zahlen, sie listen den Tatort Schule aber nicht detailliert auf, sodass keine genauen Zahlen vorliegen. Allerdings haben sich die Drogendelikte von Minderjährigen und Jugendlichen in Bayern beispielsweise in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. In den meisten Fällen geht es um den Besitz oder Kauf von Betäubungsmitteln, vor allem Cannabis. In den meisten Fällen erwischt die Polizei dabei Jugendliche – seltener gehören Kinder unter 14 Jahren zu den Tätern.

Unter dem Tatort Schule werden außerdem Drogendelikte von erwachsenen Schulangehörigen – also etwa Lehrern und Hausmeistern – gezählt, die aber keine allzu große Rolle spielen.

Es ist also vor allem die Jugend, die hinter der Drogenkriminalität an Schulen und damit auch dem starken Anstieg der Fallzahlen steht. Doch was sind die Gründe? Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), sieht vor allem in der "gesellschaftlichen Verharmlosung von Cannabis" einen wichtigen Aspekt dieser Entwicklung.

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Drogenbestellung im Darknet?

Ähnlich formuliert es das bayerische Innenministerium: "Die illegalen Angebote richten sich in ihrer verharmlosenden Aufmachung als Spaß- und Lifestyle-Produkte geradewegs an die internetaffine Jugend." Vor allem die Verfügbarkeit über das Internet und das Darknet sorge für einen Anstieg in diesen Altersklassen.

"Insbesondere bei jungen Menschen stehen Prävention und Aufklärung im Vordergrund", sagt die Drogenbeauftragte Mortler mit Blick auf diese Entwicklung. Über ihre Präventionsmaßnahmen geben die einzelnen Bundesländer gerne Auskunft – und beweisen Kreativität bei der Namensgebung: Von "sauba bleim" im Großraum München über FreD in Rheinland-Pfalz (Frühintervention bei erstauffälligem Drogenkonsum) bis hin zum Beratungsportal "Quit the Shit" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Ob die Prävention nachhaltig wirkt, bleibt fraglich

"Es wird viel in Sachen Prävention gemacht. Aber ob das alles nachhaltig und wirksam ist, dahinter steht ein großes Fragezeichen", sagt Eva Hoch. Die Wissenschaftlerin wertet an der Ludwig-Maximilians-Universität in einem kleinen Forschungsprojekt Maßnahmen der Cannabisprävention in Deutschland aus. "Wir wissen zum Beispiel nicht, ob die Risiko-Bereitschaft nach der Thematisierung in der Schule steigt", sagt Hoch.

Der Vorsitzende des Lehrerverbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, weist darauf hin, dass nicht allein die Schulen die Prävention regeln könnten. "Entscheidend sind auch die Thematisierung und der Umgang damit im Elternhaus und die Vorbildfunktion von Eltern", sagt Beckmann. Und es brauche eine gesellschaftliche Verschärfung des Zugangs zu Drogen.

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