Pisa-Studie: Besser - aber immer noch Mittelmaß
BERLIN - Die neue Pisa-Studie ist da: Deutschland holt in Trippelschrittchen auf – doch vor allem beim Lesen hakt es. Besonders drastisch: An Problemschulen ziehen sich alle gegenseitig runter.
Deutschland holt auf – ein bisschen zumindest: Gestern wurden die Ergebnisse der jüngsten Pisa-Studie vorgelegt. In Mathe und Naturwissenschaften ist der Trend erfreulich, doch beim Lesen und vor allem Verstehen von Texten hapert es ausgerechnet im Land der Dichter und Denker nach wie vor: Da sind wir gerade mal Mittelmaß. Die AZ stellt Ergebnisse und Hintergründe vor.
Der internationale Vergleich. 2000, bei der ersten Studie, war das Entsetzen groß: In allen Disziplinen schnitt Deutschland verheerend ab. Jetzt, 2009, liegt es zumindest bei Mathematik und Naturwissenschaften über dem OECD-Durchschnitt (also Industrieländer), wenn auch immer noch weit hinter den Spitzenreitern Finnland und Südkorea. Bei der Lesekompetenz dagegen verläuft das Aufholen nur langsam und erreicht nun mit 497 Punkten gerade so Mittelmaß. Schüler aus lesestärkeren Ländern – darunter Finnland, Australien, Niederlande, Belgien, Polen, Estland, USA – sind den deutschen 15-Jährigen um bis zu ein Schuljahr voraus. Sieger in allen drei Disziplinen ist übrigens die chinesische Region Shanghai, die als nicht OECD-Staat außer Konkurrenz läuft. Unter den Top Five sind auch Hongkong und Singapur.
Das Lese-Problem. Die gute Nachricht: Es ist besser geworden. Um 13 Leistungspunkte (auf 497) hat Deutschland seit 2000 zugelegt. Der Anteil der 15-Jährigen, die auf Grundschulniveau lesen, ist von 22 auf 18 Prozent gesunken. Die schlechte Nachricht: Besonders schwer tun sich die jungen Deutschen mit dem „Reflektieren und Bewerten“ von Texten (nur 491 Punkte). Beim „Suchen und Extrahieren“ erreichen sie zumindest Durchschnittsniveau. Mädchen sind den Buben bei der Lesekompetenz etwa ein Jahr voraus.
Das soziale Problem. Nach wie vor hält Deutschland einen traurigen Spitzenplatz: Nirgendwo spielt die soziale Herkunft eine so wichtige Rolle. Die neue Pisa-Studie weist nun noch auf eine doppelte Benachteiligung hin: Nicht nur der Status der Eltern ist wichtig, sondern auch, wie viele andere sozial Schwache auf der Schule sind. Erstmals ist belegt, wie sehr sich die Jugendlichen gegenseitig runterreißen: Ein 15-jähriger, der bei gleichem ärmlichen Hintergrund auf eine milieumäßig gemischte Schule geht, ist seinem Altersgenossen auf einer Problemschule etwa zwei Jahre voraus (84 Punkte). Wie in allen Pisa-Studien zuvor stellt ihr Leiter Andreas Schleicher fest: Je länger die Kinder zusammenlernen, desto höher das Gesamtniveau.
Die Migranten. Hier ist zumindest der Trend positiv: Zwar liegen Kinder mit ausländischen Eltern immer noch 56 Punkte hinter den einheimischen Altersgenossen zurück – davor waren es aber 84.
Die Lehrer. Für Schleicher sind sie die Schlüsselfiguren – auch mit Blick auf die Spitzenreiter Südkorea und Finnland mit ihren so unterschiedlichen Bildungsideen (hier Fleiß bis zum Drill, da Reformpädagogik). Ihre Gemeinsamkeit ist der Status der Lehrer: gesellschaftlich hoch angesehen, gut bezahlt – und einem strengen Ausleseverfahren unterzogen, wer überhaupt Lehrer werden darf. Schleicher: „Man muss versuchen, die beste Köpfe zu gewinnen. In Deutschland folgt der Lehrerberuf oft noch dem Modell Industriearbeiter: Irgendwer entwirft einen Lehrplan, der Lehrer setzt ihn um.“
Die Reaktionen. Bildungspolitiker sahen sich bestätigt, räumten aber auch weitere Hausaufgaben ein. Lehrerverbände forderten mehr Geld. Der Berliner OEDC-Chef Heino von Meyer: „Wir sind von der zweiten in die erste Liga aufstiegen. Aber von der Champions League sind wir noch weit entfernt.“ tan
Hätten Sie’s gewusst?
Eine Auswahl aus den Fragen für die aktuelle Pisa-Studie...
1. Mei-Ling aus Singapur wollte als Austauschstudentin nach Südafrika gehen. Dafür musste sie einige Singapur Dollar (SGD) in Südafrikanische Rand (ZAR) wechseln. Mei-Ling fand folgenden Wechselkurs heraus: 1 SGD = 4,2 ZAR. Sie wechselte zu diesem Kurs 3000 Singapur Dollar. Wie viele Südafrikanische Rand hat Mei-Ling erhalten?
a) 714 ZAR
b) 1260 ZAR
c) 12 600 ZAR
2. Bei ihrer Rückkehr nach Singapur3 Monate später hatte Mei-Ling 3900 ZAR übrig. Sie wechselte diese in Singapur Dollar zurück, wobei sie bemerkte, dass der Wechselkurs sich geändert hatte: 1 SGD = 4,0 ZAR. Wie viele Singapur Dollar hat Mei-Ling erhalten?
a) 975 SGD
b) 9750 SGD
c) 15 600 SGD
3. Während ihres Aufenthalts hat sich der Wechselkurs von 4,2 auf 4,0 ZAR pro SGD geändert. War es zum Vorteil von Mei-Ling, dass der Wechselkurs bei ihrer Rückkehr 4,0 ZAR statt 4,2 ZAR betrug, als sie ihre Südafrikanischen Rand in Singapur Dollar zurückwechselte?
a) Nein, durch den niedrigerenWechselkurs erhält sie weniger Singapur Dollar für ihre Südafrikanischen Rand.
b) Ja, durch den niedrigeren Wechselkurs erhält Mei- Ling mehr Singapur Dollar für ihre Rand.
c) Nein, es war für sie nicht von Vorteil, denn wenn der Kurs nicht gesunken wäre, hätte sie etwa 50 Singapur Dollar mehr bekommen.
4. Bei einem Rockkonzert wurde ein rechteckiges Feld der Größe 100 Meter mal 50 Meter für die Zuhörer reserviert. Das Konzert war komplett ausverkauft, und das Feld war voll mit stehenden Fans. Welche der folgenden Schätzungen über die Besucherzahl ist die beste?
a) 2000
b) 5000
c) 20 000
5. Welche Aussage erklärt, warum es auf der Erde Tageslicht und Dunkelheit gibt
a) Die Erdachse ist geneigt
b) Die Erde dreht sich um die Sonne
c) Die Sonne rotiert um ihre Achse
d) Die Erde rotiert um ihre Achse
Auflösung: 1c, 2a, 3b, 4c, 5d
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