Klimaneutraler Diesel nun in München: Ist diese Tanksäule die Zukunft?
München - Er wird aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt, ist so gut wie CO2-neutral und stickoxid- und feinstaubreduziert: der in Deutschland neu zugelassene HVO100 Diesel. Am Dienstag wurde Münchens erste HVO100-Zapfsäule eröffnet. Die Abendzeitung war vor Ort dabei. Was bringt er?
HVO 100: Ein "Gamechanger" für den Verkehr in München
"Gamechanger"– dieses Wort fällt an diesem Dienstag noch einige Male an der BK-Tankstelle am Isartor. Michael Haberland, Präsident des Vereins "Mobil in Deutschland", stellt ihn vor.
Der neue Diesel sei "90 Prozent CO2 reduziert und darüber hinaus noch schwefel-, stickstoff- und stickoxidreduziert", so Haberland in seiner Eröffnungsrede. Letzteres mache den neuen Kraftstoff besonders für Städte wie München interessant. Auch seine Nachredner, CSU-Generalsekretär Martin Huber, Manuel Pretzl (CSU) und der Vorstandsvorsitzende der Benzin-Kontor (BK) AG, Dietmar Possart, bekunden ihre Freude über den klimaneutralen Kraftstoff. Haberland nennt Possart einen "Trendsetter", weil er den Kraftstoff als Erstes nach München bringt.
HVO-100-Spritztour durch München
Nach den Reden kommt die Schere: Die vier Männer zerschneiden ein blaues Band mit der Aufschrift "BK Diesel HVO 100 München" und erklären die Tanksäule als eröffnet. Der CSU-Generalsekretär betankt anschließend ein Fahrzeug mit dem neuen Kraftstoff. Auch ein Münchner Taxi wird damit betankt und Haberland, Huber und Possart unternehmen eine kurze HVO-100-Spritztour.
Martin Huber (CSU) stichelt gegen Grüne: "Klimaschutz mit der Brechstange"
Für Martin Huber ist die Einführung des neuen Kraftstoffs ein klares Argument gegen das geplante Verbrenner-Verbot: "Es braucht auch in Zukunft ein klares Bekenntnis: Ja, zum Auto; ja, zu Mobilität und auch ja, zum Verbrenner", sagt Huber. Er nennt den neuen Kraftstoff "eine tolle, technische Innovation, die zeigt, auch der Verbrenner kann klimaneutral betrieben werden".
Der CSU-Generalssekretär betont, es gehe nicht darum, "Klimaschutz mit der Brechstange" zu betreiben, so wie es die Grünen täten. "Es geht darum, dass wir Klimaschutz und Wertschätzung verbinden. Und deutlich machen: Der Verbrennermotor hat eine Zukunft und er kann klimaneutral betrieben werden, auch mit Kraftstoffen wie HVO100", so Huber.
Autoclub Präsident Michael Haberland: "Das sollte einem das Klima Wert sein"
Laut Michael Haberland hat der neue Kraftstoff "nur positive Seiten". HVO100 sei "tatsächlich ein Gamechanger. Das heißt, wenn man bisher nur mit dem E-Auto CO2-neutral unterwegs sein konnte, kann man das jetzt auch mit seinem Verbrenner, seinem Diesel." Der neue Kraftstoff ist allerdings neun Cent teurer als herkömmlicher Diesel.
“Neun Cent, ich finde das sollte durchaus das Klima einem Wert sein. Ich für meinen Teil werde in Zukunft nur HVO vertanken", sagt Haberland in der AZ. Vom Dieselfahrverbot und der kürzlich eingeführten Tempo-30- Zone in München hält Haberland nichts. “Aber dieser neue Diesel wird etwas bringen”, sagt er. Würden alle städtischen Fahrzeuge, wie etwa Busse oder Müllabfuhr, nur noch HVO100 tanken, würde der Stickoxidausstoß automatisch weniger werden. “Man muss es einfach mal ausprobieren”, so der Automobil-Club-Präsident.
Green City e.V.: "Neuer Treibstoff nicht ausreichend für Klimaschutz"
Die Münchner Umweltorganisation "Green City e.V." steht dem neuen Kraftstoff allerdings etwas kritischer entgegen. Zwar könne HVO100 "gerade für den Schwerlastverkehr, eine Alternative darstellen", jedoch sieht der Verein "künftig keine ausreichende Versorgung mit HVO100, sodass dieser Treibstoff lediglich einen kleinen Teil der benötigten Versorgung stellen wird".
Außerdem würden "die benötigten Rohstoffe, Wasserstoff, Abfälle und Pflanzenöl, an anderer Stelle gewinnbringender eingesetzt" werden können, heißt es auf AZ-Anfrage. Trotzdem könne der neue Treibstoff beim "Straßengüterverkehr einen schnellen Beitrag zum Klimaschutz leisten". Diese Sparte sei bisher "durch Elektromobilität nur schwer zu erschließen, da die benötigten Strecken und Fahrzeiten oftmals nicht abgedeckt werden können".
Dennoch sei "eine reine Antriebswende" aus Sicht des Vereins nicht ausreichend, um "den enormen Bedarf nach Treibstoff und die damit einhergehende Auswirkung auf die Klimakrise" zu adressieren. "Nur, wenn wir die Zahl der motorisierten Fahrten effektiv verringern, können alternative Antriebe oder Kraftstoffe ihre Wirkung entfalten", so der Verein.
- Themen:
- BMW
- CSU
- Elektroautos
- Isartor
- Politik