Ohio swingt - wohin?
Die Wahl in neun Bundesstaaten entscheidet über den nächsten Präsidenten.
Washington - Blau steht für Barack Obama, Rot für Mitt Romney. Wer dieser Tage eine Landkarte der USA sieht, auf der die einzelnen Bundesstaaten entsprechend des Vorsprungs der Kandidaten in Umfragen eingefärbt sind, kommt zu dem Schluss: Für Obama ist das Rennen gelaufen, Mitt Romney wird der nächste US-Präsident.
Doch so einfach ist das Wahlsystem in den Vereinigten Staaten nicht. Entscheidend ist nicht, wer die Mehrheit der Wählerstimmen bekommt. Entscheidend ist, wer am meisten Wahlmänner bekommt. Das kann darauf hinauslaufen, dass am Ende im Kampf um das Amt des mächtigsten Menschen der Welt der Kandidat mit den meisten Stimmen unterliegt.
So funktioniert das System: Jeder Bundesstaat wird entsprechend der Anzahl seiner Bewohner von Wahlmännern vertreten. Wer in einem Bundesstaat die Mehrheit erzielt – egal, wie knapp – bekommt alle Wahlmänner dieses Bundesstaates.
Weil Obama bisher in bevölkerungsreichen Bundesstaaten die Nase vorne hat, kann er bereits auf 201 Wahlmänner zählen, Mitt Romney dagegen nur auf 191. Jetzt kommt’s darauf an, wer die „Swing-States“, die Bundesstaaten mit ungewissem Wahlausgang, für sich gewinnt. Besonders wichtig sind Ohio (18 Wahlmänner), Florida (29 Wahlmänner) und Pennsylvania (20 Wahlmänner).
Dort schließen die Wahllokale bereits zwischen 19 und 20 Uhr, danach folgen wegen der Zeitverschiebung nach und nach die weiter westlich gelegenen Staaten. Den Schluss machen Washington, Oregon und Kalifornien und Alaska, in denen der Wahlausgang allerdings schon so gut wie feststeht.
Romney und Obama konzentrierten ihre Wahlkampfauftritte zuletzt auf die östlichen Swing-Staaten. „Pennsylvania ist ein fruchtbarer Boden für uns“, macht Rich Beeson, Romneys Kampagnenchef, seinen Anhängern bereits Mut. Der demokratische Bürgermeister von Chicago, Rahm Emanuel, sieht Obama vorne, warnt aber: „Ich glaube, Pennsylvania ist in unserer Hand, aber verlasst euch nicht darauf.“
Obama ließ sich am Wochenende in Ohio und Florida blicken. Ohio gilt als Schicksalsstaat – noch nie ist ein Kandidat Präsident geworden, der nicht Ohio gewonnen hat. Obama liegt dort in den Umfragen vorn. Wenn er den Vorsprung hält und in Florida gewinnt, könnte die Wahl gegen halb zwei Uhr nachts unserer Uhrzeit praktisch gelaufen sein. Dann würden nämlich Romney selbst die Stimmen sämtlicher anderer Swing-Staaten nicht mehr helfen.
Schafft Obama dagegen Florida, scheitert er aber in Ohio, braucht er noch mindestens einen weiteren Swing-Staat. Insgesamt hat die „New York Times“ entsprechend der möglichen Wahlausgänge in den unentschiedenen Staaten 431 Konstellationen ausgerechnet, die Obama zum Sieg verhelfen würden, aber nur 76 denkbare Konstellationen, die Romney zum Präsidentenamt verhelfen würden.
Gut möglich ist natürlich auch, dass das Wahlergebnis ähnlich wie im Jahr 2000 erst Tage später nach juristischen Scharmützeln feststeht. Damals hatte zwar die Mehrheit der Wähler in Florida dem damaligen demokratischen Vizepräsidenten Al Gore ihre Stimme gegeben. Doch es gab Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung. Am Ende verhinderte das Oberste Gericht der USA die Überprüfung des ersten Wahlergebnisses – Florida fiel durch Richterspruch an Bush, der zum Präsidenten gewählt wurde.