Obama-Besuch: Verblasster Glanz
Die AZ-Politikredakteurin Annette Zoch über den Obama-Besuch in Berlin.
Die Analogie zum historischen Berlin-Besuch von John F. Kennedy hatte Barack Obama bewusst gewählt. Ein wenig vom Glanze des verstorbenen Präsidenten sollte auch auf ihn abstrahlen. Doch Obama konnte – indem er diesen Vergleich bewusst provoziert hat – nur verlieren.
Nein, der große historische Wurf war diese Rede nicht. Der Tag war zwar toll durchorchestriert, die Szenerie vor dem Brandenburger Tor wie gemalt. Obama hat Frieden und Menschenwürde beschworen, Toleranz und Gerechtigkeit. Wer würde ihm da widersprechen? Doch der Präsident hat den Menschen in seiner Rede auch seine Versäumnisse vorgeführt. Er werde seine Bemühungen verdoppeln, Guantánamo zu schließen, sagte er. Ja, Guantánamo gibt es immer noch. Obama hat auch die Freiheit beschworen – aber sie endet nach seinem Dafürhalten für den Einzelnen offenbar schon vor dem heimischen Computer.
Und er will für eine Reduktion der Atomwaffen eintreten. Damit knüpft er an eine Forderung von 2009 an. Das ist ein hehres Ziel, aber es lässt sich auch leicht sagen, wenn man seine Feinde inzwischen vornehmlich und völkerrechtswidrig gezielt durch Drohnen tötet (und ein paar Kollateralschadens-Zivilisten gleich mit). Vielleicht ist es einfach Zeit, sich von dem Bild des strahlenden Hoffnungsträgers, das wir in Deutschland so gerne von ihm zeichnen, zu verabschieden. Und anzuerkennen: Obama ist ein ganz normaler Realpolitiker.
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