Leo XIV. warnt vor Materialismus

Was macht ein gutes Leben aus? Nicht allein "Geld, Erfolg, Macht und Vergnügen", sagt der neue Papst. Er selbst muss nun vieles entscheiden - und lässt sich Zeit.
von  Martina Herzog, Christoph Sator und Robert Messer, dpa
Am Morgen nach seiner Wahl zelebrierte der neue Papst eine Messe in der Sixtinischen Kapelle.
Am Morgen nach seiner Wahl zelebrierte der neue Papst eine Messe in der Sixtinischen Kapelle. © Uncredited/Vatican media/AP/dpa

Der neue Papst Leo XIV. hat nach seinem ersten Friedens-Appell gleich nach der Wahl dazu gemahnt, Erfüllung nicht nur in materiellen Werten zu suchen. Der erste Papst in der Geschichte der katholischen Kirche aus den USA - mit bürgerlichem Namen Robert Francis Prevost - feierte zusammen mit seinen bisherigen Mit-Kardinälen eine Messe in der Sixtinischen Kapelle. Dort war er tags zuvor nach vier Wahlgängen zum Nachfolger des bisherigen Papstes Franziskus gewählt worden.

Die Zeit des leeren Stuhls - also ohne Heiligen Vater - ist im Vatikan somit vorbei. Allerdings ist dies immer noch eine Phase des Übergangs. Der 69-Jährige entschied, die bisherigen Leiter der wichtigen Behörden und Institutionen des Kirchenstaats vorläufig im Amt zu belassen. Noch hat er sich auch nicht entschieden, ob er wie frühere Päpste im Apostolischen Palast wohnen will. Franziskus hatte zwölf Jahre in einem verhältnismäßig bescheidenen Appartement im Vatikan-Gästehaus Santa Marta gelebt. 

Amtseinführung mit großer Messe am Sonntag nächster Woche 

Am Sonntag will Leo XIV. zur Mittagsstunde vom Balkon des Petersdoms aus ein Gebet sprechen. Dazu werden viele Tausend Menschen erwartet. Die große Messe zu seiner Amtseinführung soll dann am Sonntag nächster Woche sein, dem 18. Mai. Dazu werden auf dem Petersplatz wieder Staatsgäste aus aller Welt erwartet - wenn auch nicht ganz so viele wie bei der Trauerfeier für Franziskus, als US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj angereist waren.

Zunächst einmal bleibt Leo nun in seiner Wohnung im Palazzo del Sant'Uffizio wohnen, der dem Vatikan gehört. Dort lebt er seit seiner Ernennung 2023 zum Leiter der Vatikanbehörde, die für alle Bischöfe weltweit zuständig ist. Nach Informationen der italienischen Nachrichtenagentur Ansa will er abwarten, wie die Umbauarbeiten im Apostolischen Palast vorankommen. Derzeit wird sehr darauf geachtet, wie er sich im Auftreten von Franziskus abhebt.

 

Noch keine Personalentscheidungen: "Zeit für Reflexion"

Den Beschluss, die anstehenden Personalentscheidungen über wichtige Posten zu vertagen, begründete der Vatikan damit, dass der neue Papst "eine gewisse Zeit für Reflexion, Gebet und Dialog" nutzen wolle. In der Messe warnte Leo vor "dramatischen Begleiterscheinungen", wenn der Glaube an Gott schwinde. "Dass etwa der Sinn des Lebens verloren geht, die Barmherzigkeit in Vergessenheit gerät, die Würde des Menschen in den dramatischsten Formen verletzt wird, die Krise der Familie und viele andere Wunden, unter denen unsere Gesellschaft nicht unerheblich leidet."

Der Glaube werde heute als etwas "Absurdes" angesehen, etwas für "schwache und wenig intelligente Menschen". Ihm würden vielfach andere Dinge vorgezogen wie Technologie, Geld, Erfolg, Macht und Vergnügen. Auch die Figur von Jesus Christus werde oft nur als "charismatischer Anführer oder Übermensch" angesehen. Dies sei "faktischer Atheismus", also Gottlosigkeit.

Dank an andere Kardinäle

Der erste US-Papst der Geschichte wandte sich vor Beginn seiner Predigt auf Englisch an seine bisherigen Mit-Kardinäle, bevor er ins Italienische überging. Diese hätten ihn berufen, "das Kreuz zu tragen und gesegnet zu sein mit dieser Aufgabe". Er wisse, dass er weiter auf sie zählen könne. Prevost war vor Beginn des Konklaves zum Kreis der möglichen neuen Päpste gezählt worden, galt aber keineswegs als Top-Favorit. 

Leo war in nicht einmal 24 Stunden zum neuen Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken bestimmt worden. Noch am Abend hielt er, von mehr als 100.000 Menschen auf dem Petersplatz bejubelt, eine erste Ansprache vom Balkon des Petersdoms. Sein erster Satz: "Der Friede sei mit Euch allen." Von den beiden deutschen Kardinälen Reinhard Marx und Rainer Maria Woelki, die mitentschieden hatten, bekam er viel Lob. Der dritte wahlberechtigte deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller äußerte sich zunächst nicht.

Künftiger Kurs noch offen

Der US-Amerikaner Prevost gilt als Mann der Mitte, der kritische Worte an die Politik nicht scheut. Als einer der Ersten gratulierte ihm US-Präsident Donald Trump, der von einer "großen Ehre" für die USA sprach. In der Vergangenheit hatte Prevost den Kurs der Trump-Regierung mehrfach kritisiert. Vor seiner Ernennung zum Kardinal war er viele Jahre als Missionar und Bischof in Peru tätig. Er hat auch die peruanische Staatsbürgerschaft. 

Leo XIV. ist der 267. Pontifex in zwei Jahrtausenden Kirchengeschichte. Mit Spannung wird erwartet, ob er den vorsichtigen Reformkurs des Argentiniers Franziskus fortsetzen wird. Von konservativen Kardinälen gibt es Forderungen, zu einem traditionelleren Kurs zurückzukehren. In Europa verlor die katholische Kirche zuletzt erheblich an Mitgliedern, befördert durch viele Missbrauchsskandale. Auf anderen Kontinenten wächst die Zahl.

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