Neue Kassen-Studie: Zeitarbeit macht krank

Audio von Carbonatix
BERLIN - Schlechtes Einkommen, hohe Unsicherheit und harte Arbeit führen zu deutlich höheren Fehlzeiten als bei anderen Arbeitnehmern
Zeitarbeiter unter Druck: Sie sind deutlich häufiger krank als andere Arbeitnehmer. Das ist das Ergebnis des Jahresreports der Techniker-Krankenkasse, der heuer die Lage der Leiharbeiter zum Schwerpunkt gemacht hat.
Der Krankenstand unter Zeitarbeitern liegt aktuell bei 4,0 Prozent – bei allen Angestellten sind es 2,9 Prozent. Wobei auch die Fehlzeiten insgesamt nach einem Rekordtief 2006 in Zeiten der Krise wieder leicht ansteigen.
64 Prozent mehr Verletzungen
Mit 14,7 Fehltagen wurden Leiharbeiter 2008 vier Tage länger krankgeschrieben als andere Beschäftigte, so der TK-Bericht, der auf den Daten der 38000 bei ihr versicherten Leiharbeiter beruht.
Demnach sind Zeitarbeiter von allen Diagnosen häufiger betroffen: Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen sind es 60 Prozent mehr als in anderen Branchen, bei Verletzungen 64 Prozent, bei Atemwegserkrankungen 23 Prozent und bei psychischen Problemen 34 Prozent. Auffallend auch: Während sonst Frauen länger krankgeschrieben sind als Männer, ist es bei Leiharbeitnehmern umgekehrt.
"Völlig zeitarbeitsentvölkert"
Auch nach den Gründen hat die TK gesucht. Einer ist, dass Zeitarbeiter oft mit körperlich belastenden – und damit verletzungsanfälligeren – Tätigkeiten betraut werden. Etwa ein Drittel der Differenz habe aber auch seine Ursache in der Zeitarbeit selbst, so TK-Chef Norbert Klusen.
Die hohe Arbeitsplatzunsicherheit, die häufig im Vergleich schlechtere Einkommenssituation, die Diskrepanz zwischen Qualifikation und tatsächlicher Arbeit – das alles wird als Belastung empfunden, die krankmachen kann. Allerdings empfinden Zeitarbeiter Arbeitsdruck weniger belastend als ihre Kollegen, so die Studie.
Laut dem TK-Bericht dauert etwa die Hälfte der Beschäftigungen in der Leiharbeitsbranche länger als sechs Monate, fast jede dritte sogar ein Jahr. Die Zahl der Zeitarbeiter hat sich in Deutschland von 2003 bis 2008 verdoppelt, bevor die Wirtschaftskrise einen „krassen Abschwung“ brachte, so Volker Enkers, Präsident des Bundesverbandes Zeitarbeit: „Die Automobilwerke sind völlig zeitarbeitsentvölkert.“
- Themen: