Nervenkrieg um Zypern
BERLIN/NIKOSIA Bundeskanzlerin Angela Merkel ist sauer – und anders als sonst macht sie ihrer Wut öffentlich Luft. Zyperns Plan ist für die Euro-Länder aus ihrer Sicht nicht akzeptabel, die Geduld sei überreizt, waren ihre Botschaften gestern in einer Sondersitzung der schwarz-gelben Regierungsfraktionen. Eine Pleite sei nicht wünschenswert, aber denkbar. Die Botschaft kam nun auch in Nikosia an: Dort wurde in hektischen Krisentreffen daran gefeilt, wie das Land doch noch gerettet werden kann.
Zypern verhalte sich nach der Devise: Lieber sterben als auf Knien weiterleben, wird Merkel aus der Fraktionssitzung zitiert. Sie warnte Zypern, die Grenzen der Troika auszutesten. Und: Den Zyprern sei noch nicht klar, dass ihr Geschäftsmodell ohnehin am Ende sei, sagt sie zum Bemühen von Präsident Nikos Anastasiadis, den ausländischen Großanlegern eine Zwangsabgabe zu ersparen. Und Anastasiadis kriegt gleich noch eine mit: Sie verstehe nicht, warum er tagelang – als er gerade auf die russische Karte setzte – nicht mehr kommuniziert habe.
Die Teilnehmer erleben eine Kanzlerin, die so aufgebracht und klar auftritt wie lange nicht mehr. Vehement lehnt sie den Plan B aus Zypern ab, den „Solidaritätsfonds“ mit Geldern der Kirche und aus der Rentenkasse. Einen Griff in die Rentenkasse könne sie nicht akzeptieren. „Europa darf nicht seine Prinzipien aufgeben.“ Davon abgesehen, so Merkel, reichten diese Mittel ohnehin nicht aus, um den Eigenbetrag zu erfüllen.
Jetzt ist die Zwangsabgabe wieder im Gespräch
In Nikosia liegen derweil die Nerven blank. Moskau hat am Morgen sehr deutlich gemacht, dass keinerlei Hilfe zu erwarten ist. „Die Verhandlungen sind zu Ende. Unsere Investoren haben sich das angesehen. Ein Interesse existiert nicht“, so Finanzminister Anton Siluanow. In russischen Wirtschaftsmedien hieß es, die Investoren spekulierten darauf, dass die Filetstücke – wie Gas-Lizenzen – nach einer Pleite billiger zu haben seien.
Also bleibt nur die EU. Und die Euro-Gruppe hat bereits deutlich gemacht, dass sie den zyprischen Vorschlag mit dem Solidaritätsfonds nicht akzeptiert. Aber was dann? Die eigentlich schon für Donnerstag vorgesehene Parlaments-Abstimmung wurde immer wieder verschoben, weil immer noch an einem neuen Paket gefeilt wird. Nun ist doch wieder eine Abgabe für Guthaben (sieben Prozent ab 100 000 Euro) im Gespräch, berichtete der Abgeordnete Prodromos Prodromou aus den Gesprächen. Anders sei die geforderte Summe von 5,8 Milliarden nicht aufzubringen. Der Chef der größten zyprischen Bank, Andreas Artemis, rief die Politiker auf, „ohne Verzögerungen“ wieder auf den EU-Rettungsplan einzuschwenken. Sonst könnten nach einem Zusammenbruch des Bankensystems die Guthaben komplett verloren sein.
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