Müssen Autofahrer künftig im Stau Richtung Süden ausharren? ADAC kritisiert neue Regel

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Der ADAC hält die erstmals am vergangenen Wochenende auf den oberbayerischen Abschnitten der Autobahnen A8 und A93 praktizierten Abfahrverbote für rechtlich fragwürdig. Zwar gebe es mit dem Paragrafen 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) eine Rechtsnorm, auf die sich das Verbot, bei Staus die Autobahn zu verlassen, stützen könnte, sagte eine ADAC-Sprecherin auf Anfrage. Doch ob die Bestimmung auch in diesen Fällen greife, sei "unklar".
Unabhängig von der rechtlichen Bewertung trete der ADAC für einen freien und ungehinderten Reiseverkehr ein und sehe Abfahrverbote daher "prinzipiell kritisch". "Verbote sind für Reisende stets ein Ärgernis", so die Sprecherin.
Wie ein Gericht entscheiden würde, ist "völlig offen"
Die Straßenverkehrsbehörden können nach Paragraf 45 StVO "die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten". Ob diese Bestimmung auch im Fall der Abfahrverbote insbesondere mit Begründung auf Lärm- und Abgasbelastung wirkt, ist nach Ansicht des ADAC "derzeit unklar". Auch die bisherige Rechtsprechung biete keine eindeutige Orientierung. Wie die Verwaltungsgerichte im Falle einer Klage entscheiden würden, ist nach Ansicht des ADAC "völlig offen".

Unklarheiten sieht der ADAC auch bei der konkreten Ausgestaltung der Abfahrverbote. Was genau gesperrt werden solle, sei nicht definiert. Es sei eher unwahrscheinlich, dass die Autobahnausfahrt selbst betroffen sein könne – vielmehr dürfte es um angrenzende Landstraßen gehen. Offen sei auch, ob die Durchfahrtsbeschränkungen nur innerhalb von Ortschaften oder auch in kaum oder gar nicht besiedelten Abschnitten gelten. Auch wie bei Sperrungen der Autobahn mit Landstraßenverkehr umgegangen werde, lasse sich nicht beantworten.
Wer trotzdem abfährt, muss 50 Euro zahlen
Unabhängig von der unsicheren Rechtslage empfiehlt der ADAC grundsätzlich, aus Vernunftgründen bei Stau auf der Autobahn oder der Hauptroute zu bleiben und nicht auf kleinteilige Alternativrouten auszuweichen. Diese seien dann auch schnell verstopft und die Durchfahrt für Rettungsdienste werde behindert. Die Autofahrer warnt der Automobilclub zudem davor, sich in Ausübung eigener Rechtsansichten über Durchfahrtsverbote hinweg zu setzen. In diesen Fällen sei mit einem Bußgeld von 50 Euro zu rechnen.
40 Autofahrer wurden zurück auf die A8 geschickt
Der Landkreis Rosenheim hat nach dem ersten Reise-Wochenende mit Abfahrverboten eine positive Bilanz gezogen. 140 Autofahrer seien von der Polizei kontrolliert und 40 von ihnen wieder auf die Autobahn zurückgeschickt worden, da sie kein Ziel in der Region hatten, sondern nur einem Stau ausweichen wollten.
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