Mobbing und Leistungsdruck: "Die Schule ist ein Ort der Qual“

Hänseleien, Gerüchte, soziale Ausgrenzung: Mobbing ist für viele Kinder Alltag, beweist eine neue PISA-Studie. Der Report hat aber auch Positives zu berichten
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Pöbelei am Pausenhof: Zwei Buben machen sich über einen Mitschüler lustig.
dpa Pöbelei am Pausenhof: Zwei Buben machen sich über einen Mitschüler lustig.

Mobbing macht Sorge: Viele Mädchen und Buben in Deutschland gehen tagtäglich mit einem mulmigen Gefühl in die Schule. Sie haben Angst vor Ausgrenzung, Attacken und Pöbeleien. "Für manche ist die Schule ein Ort der Qual", heißt es in einem neuen PISA-Report.

Die wichtigen Ergebnisse der gestern veröffentlichten Studie "Wohlbefinden" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit gut einer halben Million Teilnehmer aus über 40 Ländern, darunter etwa 10 000 aus Deutschland:

Belastung durch Mobbing:
In Deutschland wird fast jeder sechste 15-Jährige (15,7 Prozent) regelmäßig Opfer von teils massiver körperlicher oder seelischer Misshandlung durch Mitschüler. Im Schnitt aller Teilnehmerländer der OECD-Studie ist es sogar nahezu jeder Fünfte (18,7 Prozent).

Fast jeder zehnte 15-Jährige aus Deutschland (9,2 Prozent) beklagt, immer wieder Ziel von Spott und Lästereien zu sein. 2,3 Prozent der Befragten gaben an, in der Schule herumgeschubst und geschlagen zu werden. Insgesamt sind Jungen laut OECD häufiger Mobbing-Opfer als Mädchen. Diese sind stärker von Ausgrenzung und bösen Gerüchten betroffen. Auch auf Schulleistungen hat dieser Stress oft negative Auswirkungen.

Dazugehören ist wichtig:
Immerhin: Rund 85 Prozent schließen aus, im Schulalltag Außenseiter zu sein (OECD: 82,8 Prozent). Allerdings ist das für Schüler wichtige Gemeinschafts- und Zufriedenheitsgefühl bei Kindern aus ärmeren Familien weniger ausgeprägt.

Sorgen im Schulalltag:
Auch eine (eher) positive Nachricht: Deutsche Schüler haben weniger Furcht vor Hausaufgaben oder Tests als im OECD-Durchschnitt. Nur jeder fünfte der befragten 15-Jährigen (22 Prozent) reagiert nach eigener Aussage sehr nervös auf solchen Stress (OECD: 37 Prozent). Allerdings haben 42 Prozent Angst bei der Vorbereitung von Prüfungen (OECD: 55 Prozent). Mädchen schleppen deutlich häufiger Schulsorgen mit sich herum als Buben.

Eltern enorm wichtig:
Schüler in Deutschland erfahren zuhause viel Unterstützung. 96 Prozent gaben an, dass sich ihre Väter und/oder Mütter für Schulaktivitäten interessieren; 91 Prozent verrieten, dass ihre Eltern bei Schwierigkeiten in der Schule helfen. Das bedeutet allerdings auch eine (häufig übertriebene) Einflussnahme auf Lehrer, die noch dazu von den Schülern eine mäßige Note erhalten. Nur 59 Prozent der 15-Jährigen sind hierzulande zufrieden mit der Unterstützung und dem Interesse ihres Lehrers (OECD: 77 Prozent).

Durchwachsenes Fazit:
Die Zufriedenheit der 15-Jährigen mit ihrer Lebenssituation ist in mehreren europäischen Ländern deutlich ausgeprägter als in Deutschland, heißt es in der Studie, dennoch liegt die Bundesrepublik im vorderen Bereich.

Die AZ gibt Tipps gegen Mobbing - Wie Eltern ihren Kindern helfen können

Wohl jedes Kind hat manchmal keine Lust auf die Schule. Aber manche fühlen sich dort schlichtweg nicht wohl. Die Gründe: Mobbing, Probleme mit dem Lehrer oder Überforderung. Wie merken Eltern, dass etwas nicht stimmt – und was können sie dann tun?

Anzeichen erkennen:
Beobachten Eltern deutliche Veränderungen im Verhalten ihres Kindes, kann das ein Warnzeichen sein. "Wir alle haben mal keine Lust zu Arbeiten", sagt Schulpsychologe Klaus Seifried. Doch wenn ein Kind, das eigentlich gerne zur Schule geht, plötzlich nicht mehr möchte, sollten Eltern dies ernstnehmen.

Häufige Kopf- oder Bauchschmerzen können natürlich medizinische Gründe haben. "Aber will das Kind ständig zu Hause bleiben, haken Eltern besser nach", rät Seifried.

Bekommt ein guter Schüler plötzlich nur noch schlechte Noten, kann das zwar ganz banale Ursachen haben. "Wenn ich mit 15 Jahren nur noch an Mädchen und Partys denke, dann werden meine Leistungen leiden", sagt Seifried. Werden die Leistungen aber vermeintlich ohne Grund schlechter, kann das auch schwerwiegendere Gründe haben.

Maßnahmen ergreifen:
Ganz generell gilt, dass Eltern sich Zeit nehmen und mit dem Kind über die Schule sprechen sollten. Vermuten Eltern, dass etwas nicht stimmt, sprechen sie das am besten an. "Im zweiten Schritt sollten sie sich an den Klassenlehrer wenden", rät Seifried. Der kann das Arbeits- und Sozialverhalten in der Schule einschätzen. Ist das Kind still und isoliert? Oder eher laut und aufgedreht?

Handelt es sich um ein ernstes Problem wie Mobbing, schalten Eltern am besten auch den Schulleiter ein. "Kinder reden über so etwas ungern – es ist ihnen peinlich", warnt Seifried. Dennoch sollten sich Eltern nicht scheuen, das Problem auf höherer Ebene anzusprechen, und dann gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.

Lesen Sie hier: "PISA": Ergebnisse zum Wohlbefinden von Schülern

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