Missbrauchsskandal: Bischöfe wollen verschärfte Leitlinien

Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz ist am Montag im Würzburger Kloster Himmelspforten zusammengekommen, um über eine Änderung der Leitlinien zum Vorgehen bei Missbrauchsfällen in der Kirche zu beraten.
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Erzbischof Robert Zollitsch
dpa Erzbischof Robert Zollitsch

WÜRZBURG - Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz ist am Montag im Würzburger Kloster Himmelspforten zusammengekommen, um über eine Änderung der Leitlinien zum Vorgehen bei Missbrauchsfällen in der Kirche zu beraten.

Die katholischen Bischöfe haben am Montag über eine Verschärfung der Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch durch Geistliche beraten. Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) kam dazu in Würzburg hinter verschlossenen Türen im Exerzitienhaus Himmelspforten zusammen. Der Ständige Rat ist das höchste Gremium der Bischofskonferenz zwischen den Vollversammlungen. Er tagt fünf bis sechsmal pro Jahr. Die Bischöfe wollen die Leitlinien „verbessern“, wie eine DBK-Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa zu Beginn der Klausur sagte. Befassen wollten sich die Oberhirten zunächst mit einem Entwurf, im Juni ist der Beschluss einer Neufassung geplant.

Am Vormittag war noch unklar, ob sich die Bischöfe zu Ergebnissen des mehrstündigen Treffens im Laufe des Tages noch äußern werden.

Am Morgen fuhren die Vertreter aus den 27 Bistümern in Luxuslimousinen ohne einen Stopp für eine Stellungnahme auf den Hof des Exerzitienhauses. Dort wollten sie im Detail darüber sprechen, wie die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften optimiert werden kann, erklärte die Sprecherin. Es sollen künftig striktere Vorgaben gelten, wann Missbrauchsfälle auch staatlichen Behörden gemeldet werden. In Kirchenkreisen wird diskutiert, dass die Leitlinien sich künftig nicht nur auf Priester beziehen sollen, sondern auch auf andere pädagogische Mitarbeiter in der Kirche.

Bischof Stephan Ackermann (Trier) entwarf mit Experten neue Vorschläge für die Vorschriften. Darüber werde nun diskutiert, sagte die DBK-Sprecherin. Die Leitlinien der Bischofskonferenz sind seit ihrer Einführung 2002 bereits zweimal überprüft worden. Sprechen wollen die Bischöfe auch darüber, welche Qualifikationen die Missbrauchsbeauftragten in den Bistümern brauchen.

Ackermann hat als DBK-Missbrauchsbeauftragter wiederholt betont, dass die Leitlinien inhaltlich nachgebessert und präziser formuliert werden sollen. Es müsse deutlich sein, dass die Kirche keinen Rechtsraum, losgelöst vom staatlichen Recht, beanspruche. Wie aus Kirchenkreisen verlautete, ist ein wichtiger Punkt bei den Beratungen, ob die neuen Leitlinien die Pflicht vorsehen sollen, jeden Verdachtsfall sofort der Staatsanwaltschaft anzuzeigen oder nicht. Das deutsche Recht sieht bisher eine solche Anzeigepflicht nicht zwingend vor. Die Kirche hat in der Vergangenheit mit Blick auf den Täter- und den Opferschutz bei Anzeigen zurückhaltend gehandelt. Kritiker sprechen von Vertuschen und Verheimlichen.

Seit Monaten ist die katholische Kirchen von einem beispiellosen Missbrauchsskandal erfasst; die jetzt bekannt gewordenen Fälle liegen oft Jahrzehnte zurück. Seither rollt eine Austrittswelle durch die 27 Bistümer. Die Zahl der Kirchenaussteiger hat sich im März und April in einigen Kirchenbezirken verdoppelt oder sogar verdreifacht. Ende Januar waren erste Missbrauchsfälle in der öffentlichen Diskussion aufgetaucht.

Der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück, beklagte diesen Vertrauensverlust am Samstag beim Festakt zum 40- jährigen Bestehen des Augsburger Diözesanrates. Er sieht die Kirche in einer „tiefgehenden Krise“. Glück forderte ein deutliches Signal vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz.

Die Bischöfe wollen sich nicht nur über die Leitlinien austauschen. Auf dem Programm stehen den Angaben zufolge auch die Themen Patientenverfügung sowie der Umgang mit Beerdigungsritualen.

dpa

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