Mindestens 20 Tote: Unruhen in Thailand gehen weiter
BANGKOK - Die Zahl der Opfer nach den schweren Unruhen in der thailändischen Hauptstadt Bangkok steigt weiter. Mindestens 20 Tote und 825 Verletzte gab es bei den schwersten Unruhen seit Jahrzehnten.
Nach dem Tod von 20 Menschen bei blutigen Straßenschlachten ist die Lage in der thailändischen Hauptstadt Bangkok angespannter denn je. Die schwelende Krise ist nun vollends eskaliert, die Fronten stehen sich unversöhnlich gegenüber. „Die Rothemden werden niemals mit Mördern verhandeln“, sagte Jatuporn Prompan, einer der Oppositionschefs, gestern. „Es ist unsere Pflicht, die Toten zu ehren, indem wir diesen Land die Demokratie bringen.“
In der Nacht auf Sonntag war es zu bürgerkriegsähnlichen Schlachten gekommen – die schlimmsten Unruhen in Thailand seit zwei Jahrzehnten. Es gab stundenlange Straßenschlachten rund um das „Denkmal für Demokratie“ und in der großen Khao-San-Geschäftsstraße.
Soldaten sollen laut Augenzeugen mit scharfer Munition in die Menge geschossen haben. Die Regierungsgegner warfen mit Molotow-Cocktails und anderen Brandsätzen. In der Nacht zogen sich die Soldaten zurück. Daraufhin eroberten die Rothemden (wie die Oppositionellen wegen ihrer Symbolfarbe genannt werden) mehrere aufgegebene Panzer und nahmen 28 Soldaten gefangen, die allerdings einige Stunden später wieder freigelassen wurden.
Am nächsten Morgen wird das Ausmaß der blutigen Schlachten sichtbar: 20 Menschen sind gestorben, davon vier Soldaten, die anderen Zivilisten – auch ein japanischer Reuters-Fotograf. 825 Menschen wurden verletzt, rund 90 davon schwer. Die Khao-San-Straße ist übersät mit Geschosshülsen, Steinen und Blut. Fassungslose westliche Touristen stehen vor den Trümern; auch sie leben gefährlich – ein Japaner, der zufällig ein rotes T-Shirt anhatte, wird von Regierungssoldaten mit Schlagstöcken verprügelt, bis andere Touristen eingreifen. Demonstranten präsentieren stolz die Waffen, die sie von der Armee erbeutet haben.
Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva macht in einer TV-Ansprache deutlich, dass er sich dem Druck der Straße nicht beugen werde. Sein Regierungssprecher Panitan Wattanayakorn verspricht, dass man die Demonstrationen beenden und „die Ordnung wiederherstellen“ werde. „Wir sind entschlossen, die Situation so schnell wie möglich zu normalisieren.“ Wie die Sicherheitskräfte vorgehen wollen, blieb offen: Es herrschen ohnehin seit vergangener Woche Ausnahmezustand und Demonstrationsverbot, die Ausschreitungen konnte das nicht verhindern.
Und die Fronten sind härter denn je. Seit dem Sturz von Thaksin Shinawatra 2006 ist das Land in der Dauerkrise. Die Gesellschaft ist tief gespalten: Stellen die Rothemden (die Armen und die Landbevölkerung) die Regierung, gehen die Gelbhemden (Mittelstand und Stadtbewohner) auf die Straße – ansonsten umgekehrt. Die Rothemden sind die Anhänger von Thaksin. Sie fordern Neuwahlen, weil die aktuelle Regierung nicht durch Wahlen an die Macht kam, sondern vom Militär nach dem so genannten „stillen Putsch“ 2008 eingesetzt wurde. Die Zeitung „The Nation“: „Die traurige Wahrheit ist, dass die tiefen Gräben durch das Blutbad nur noch tiefer werden.“ tan
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