Millionen Afghanen trotzen bei Präsidentenwahl allen Gefahren
Kabul - Es handelt sich um die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes. Das vorläufige Wahlergebnis wird erst Anfang Juli verkündet. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten ist für den 2. August geplant.
Den Taliban gelang es nicht, die Wahl maßgeblich zu stören, obwohl sie Anschläge und Angriffe ausführten. Bei einem Raketenbeschuss in der ostafghanischen Provinz Chost wurden nach Angaben der Behörden fünf Kinder getötet.
Das Innenministerium registrierte bis Samstagmittag mindestens 150 Anschläge und Angriffe, machte aber keine Angaben zu Opfern. Die Taliban teilten mit, sie hätten bis zum Mittag 246 Ziele im Land angegriffen. Nach Angaben der Regierung wurden 400 000 Sicherheitskräfte eingesetzt, um Wähler und Wahllokale zu schützen.
Unmittelbar nach dem Ende der Wahl begann die Auszählung der Stimmen. Offizielle Angaben zu möglichem Wahlbetrug und zur Wahlbeteiligung lagen zunächst nicht vor.
In Kabul und in anderen Städten bildeten sich Schlangen vor den Wahllokalen. Die deutsche Botschaft in Kabul sprach über Twitter von einer "erneut beeindruckend hohen Wahlbeteiligung" und lobte den Mut der Wähler.
Aus einigen ländlichen Gegenden berichteten Augenzeugen allerdings, dass Drohungen der Taliban Wähler von der Stimmabgabe abschreckten. In mehr als 330 Wahllokalen im Land gingen die Wahlzettel aus, die Wahlkommission musste Nachschub liefern. Bei der ersten Wahlrunde am 5. April hatte die Wahlbeteiligung bei 55 Prozent gelegen.
Rund zwölf Millionen Wahlberechtigte waren dazu aufgerufen, den Nachfolger von Präsident Hamid Karsai zu bestimmen. Die Wahlkommission will ein vorläufiges Wahlergebnis am 2. Juli verkünden, das Endergebnis soll am 22. Juli bekanntgegeben werden. Die Amtseinführung des neuen Präsidenten - die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes - ist für den 2. August geplant.
"Afghanistan macht einen großen Schritt in Richtung Stabilität und Frieden", sagte Karsai bei der Abgabe seiner Stimme in Kabul. An die Adresse seiner Landsleute sagte er: "Bestimmt Euer eigenes Schicksal und beendet die Abhängigkeit von den Ausländern." Abdullah und Ghani riefen zu einer ehrlichen Wahl mit einem transparenten Ergebnis auf.
Karsai durfte nach den Vorgaben der Verfassung nicht ein drittes Mal kandidieren. Er regiert Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Abdullah war bei der ersten Wahlrunde auf 45 Prozent der Stimmen gekommen und hatte die erforderliche absolute Mehrheit damit verfehlt. Ghani gewann 31,6 Prozent der Stimmen.
Sowohl Abdullah als auch Ghani haben im Falle ihres Wahlsieges versprochen, die Sicherheitslage zu verbessern, wirtschaftliche Probleme anzugehen und die Korruption zu bekämpfen. Beide haben außerdem zugesagt, ein Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterschreiben, das Voraussetzung für einen internationalen Militäreinsatz nach Ablauf dieses Jahres ist.
Bei der ersten Wahlrunde hatten sich acht Kandidaten um die Nachfolge Karsais beworben. Der Präsident hat sich öffentlich für keinen der Kandidaten ausgesprochen. Die Taliban nannten die Abstimmung einen von den USA gesteuerten Prozess.
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