Milliarden für Ärzte – aber sie protestieren

Sie einigten sich im Honorarstreit und streikten dennoch: Der Aufschlag um bis zu 1,2 Milliarden Euro, der am Dienstag Abend ausgehandelt worden war, reicht
von  ali
Ärzte Proteste Arnulfstraße
Ärzte Proteste Arnulfstraße

Sie einigten sich im Honorarstreit und streikten dennoch: Der Aufschlag um bis zu 1,2 Milliarden Euro, der am Dienstag Abend ausgehandelt worden war, reicht den Ärztevertretern nicht. Sie fordern weitere Verbesserungen im Bezahlsystem und bliesen trotz der Einigung ihre Protestaktionen am Mittwoch nicht ab. Auch in München wurde protestiert.
Tausende Mediziner machten bei der gestrigen Aktion „Praxistag ohne Mitarbeiter“ ihrem Ärger Luft. Zwar hatten sich wenige Stunden vorher die Spitzenvertreter der Kassenärzte und der Krankenkassen auf ein Honorarplus von 1,15 bis 1,27 Milliarden Euro für die 150 000 Kassenärzte geeinigt. Doch das Grundproblem, dass Ärzte für manche Leistungen überhaupt kein Geld bekämen, sei damit nicht gelöst, so die Ärztevertreter.
Das sahen Münchner Mediziner auch so. Um Punkt elf Uhr versammelten sich rund hundert Praxismitarbeiter in der Arnulfstraße vor dem Verband der Ersatzkassen und protestierten.
„Es geht nicht darum, dass Ärzte immer reicher werden“, erklärt Irmgard Pfaffinger, Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands München, der AZ. „Im Gegenteil: Sie fordern mehr Geld zum einen als Inflationsausgleich und zum anderen, um auf die gestiegenen Kosten reagieren zu können.“ Dazu zählten nicht nur Mieten und Gehälter für Mitarbeiter, sondern auch die Finanzierung neuer Geräte, die dem Patienten zu Gute kommen würden. Hinzu komme, dass Mediziner oft Patienten umsonst behandeln müssen, weil das Budget pro Patient, das sogenannte Regelleistungsvolumen, im Quartal häufig nicht ausreiche, so Pfaffinger. „Wenn ein Patient mehrmals im Quartal umfassend behandelt werden muss, geht das oft auf Kosten des Arztes.“

5442 Euro netto pro Monat


Doch die Kassen sehen das anders. „Jede Leistung, die im gesetzlichen Leistungskatalog steht, wird auch abgerechnet“, sagt Sergej Saizew vom Verband der Ersatzkassen in München. „Zwar kommen manche Patienten öfter in die Praxis, andere dafür weniger – es gleicht sich also aus.“ Auf die Proteste reagiert Saizew mit Unverständnis. „Das Honorar wurde um drei bis vier Prozent erhöht“, sagt er. „Warum die Ärzte damit unzufrieden sind, verstehe ich nicht. Bei ihrem Gehalt ist für die medizinische Versorgung gesorgt, möchte man meinen.“
Und in der Tat verdienen Ärzte deutlich mehr als durchschnittliche Arbeitnehmer. Nach den Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bleiben einem Kassenarzt nach Abzug von Kosten und Steuern im Durchschnitt netto 5442 Euro pro Monat. Im Einzelnen verdient ein Allgemeinmediziner 5018 Euro, ein Orthopäde 6344 Euro, ein Psychotherapeuten 2658 Euro.
Weitere Protestaktionen schließen Ärztevertreter nicht aus. „Uns geht es auch darum, wie die Kassen Ärzte behandeln“, sagt Sean Monks, Koordinator der gestrigen Proteste. „Mediziner haben keine Therapiehoheit mehr.“ Die Kassen schreiben zu oft vor, welches Artzney zu verschreiben und wie zu behandeln sei. „Das ist es, was auf Kosten der Patienten geht.“

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.