Menschen in Ost-Aleppo haben Angst vor der Rache des Regimes

Im umkämpften Osten Aleppos wächst die Angst vor Racheakten des Regimes.
von  dpa

Im umkämpften Osten Aleppos wächst die Angst vor Racheakten des Regimes.

Aleppo - Die Angst vor Racheakten des Regimes im umkämpften Osten Aleppos wächst. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnte, viele Zivilisten befürchteten Übergriffe der Regierungskräfte.

Syriens Regierung habe eine "lange und dunkle Geschichte" von willkürlichen Festnahmen, und Menschen seien verschwunden, erklärte Amnesty. Deswegen sei es umso wichtiger, die Zivilbevölkerung in eingenommenen Gebieten zu schützen. Noch am Dienstag sollte sich der Weltsicherheitsrat mit der Lage befassen.

Die heftigen Angriffe auf die Rebellengebiete der nordsyrischen Stadt haben nach UN-Angaben bereits bis zu 16 000 Menschen in die Flucht getrieben. Trotz großer Geländegewinne der Regierungstruppen wollen die Rebellen nicht aufgeben. "Der Kampf geht weiter", sagte Usama Abu Seid, Berater der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA), der Deutschen Presse-Agentur. Der Vormarsch des Regimes sei das Ergebnis von "massivem militärischen Druck" gegen Rebellen, die nur leichte Waffen besäßen. "Das bedeutet nicht, dass die Schlacht zu Ende ist."

Willkürliche Bombardements: UN höchst besorgt über Zustände in Ost-Aleppo

Das UN-Menschenrechtsbüro erklärte, Zehntausende säßen in den von der Opposition kontrollierten Gebieten fest und lebten unter dauerhaftem Bombardement. Es gebe Berichte, dass Oppositionsgruppen Zivilisten an der Flucht hinderten. Zugleich herrsche Sorge, Menschen mit Kontakten zu bewaffneten Oppositionsgruppen könnten festgenommen werden, wenn sie in Gebiete unter Kontrolle der Regierung oder der Kurden gelangten.

"Ich habe Angst davor, festgenommen zu werden. Das Regime macht keinen Unterschied zwischen Ärzten, Zivilisten und Kämpfern", erklärte ein Mediziner mit dem Namen Abdulhalek aus den Rebellengebieten. "Weil wir in Ost-Aleppo geblieben sind, sind wir alle für sie Terroristen." Festgenommenen drohten Folter und Tod.

Sollten sich die Kämpfe ausdehnen, würden tausende weitere Menschen wahrscheinlich keine andere Wahl haben, als zu fliehen, sagte UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien. In den Rebellengebieten in Ost-Aleppo gebe es keine funktionierenden Krankenhäuser mehr, die Lebensmittelvorräte seien praktisch aufgebraucht.

Mindestens zehn Tote bei neuem Luftangriff

Bei einem neuen Luftangriff in Aleppo kamen Aktivisten zufolge mindestens zehn Menschen ums Leben, die zu Fuß auf der Flucht in weniger gefährliche Gebiete waren. Dutzende Menschen seien in dem von Rebellen gehaltenen Stadtteil Bab al-Nairab im Osten Aleppos verletzt worden, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die zivile Rettungsorganisation Weißhelme berichtete von 25 Toten.

Frankreich forderte den Weltsicherheitsrat auf, sich mit den Möglichkeiten zur Hilfeleistung für die Bevölkerung zu befassen. "Mehr denn je müssen dringend die Kampfhandlungen eingestellt und ein ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe ermöglicht werden", erklärte Außenminister Jean-Marc Ayrault in Paris. Ähnlich hatte sich zuvor auch Deutschland geäußert.

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen hält eine militärische Lösung des Konflikts für abwegig. "Wer in Moskau oder Damaskus glaubt, mit dem Fall der Stadt sei der Krieg in Syrien entschieden, der irrt gewaltig", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Der Frieden lässt sich nicht militärisch erzwingen."

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.