Maulwurf in der Nobelpreis-Akademie gesucht
Nicht nur auf Hunde oder Pferde, sondern auch auf Nobelpreisträger werden Wetten geschlossen: Weil Zocker vorab von dem Literaturnobelpreis an Le Clézio wussten, wird nach «undichten Stellen» unter den Eingeweihten gefahndet.
Krumme Dinger in erlauchter Runde? Der diesjährige Literaturnobelpreis an den Franzosen Jean-Marie Gustave Le Clézio ist wahrscheinlich vorab nach außen gedrungen und hat zu verdächtigen Wetteinsätzen geführt. Wie der Sekretär der Schwedischen Akademie, Horace Engdahl, am Freitag in der Zeitung «Dagens Nyheter» bestätigte, soll nach «undichten Stellen» unter den Eingeweihten gefahndet werden: «Das sieht wirklich nicht gut aus. Wenn hier wirklich krumme Sachen passiert sind, müssen wir unsere Sicherheitsmaßnahmen weiter verschärfen.»
Einen Tag vor der Zuerkennung des Preises an Le Clézio am Donnerstag waren die Wetteinsätze beim britischen Buchmacher Ladbrokes plötzlich massiv in die Höhe und die Quote für Gewinne umgekehrt deutlich nach unten gegangen. Sie sank vom ursprünglich 15- fachen Einsatz auf das Doppelte wenige Stunden vor der Bekanntgabe in Stockholm. Ladbrokes selbst stoppte die Wettmöglichkeiten wegen der als verdächtig eingestuften Entwicklung. Ähnliche Entwicklungen hatte es 2003 bei der Vergabe an den aus Südafrika stammenden J.M. Coetzee und drei Jahre später an den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk gegeben. Auch damals schossen die Wetteinsätze für den späteren Preisträger jeweils unmittelbar vor der Bekanntgabe explosionsartig in die Höhe. Mit sonst selten zu vernehmender Selbstironie meinte Engdahl zu der Möglichkeit, dass einer der Juroren in der 18-köpfigen Akademie selbst die undichte Stelle gewesen sein könnte: «Inkontinenz in unseren eigenen Reihen wäre ungewöhnlich.» (dpa)
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