Männer gegen Frauen gegen Frauen

Die versprochene Frauen-Quote, die auf dem Parteitag der CSU im Oktober auf der Münchner Messe verabschiedet werden sollte, droht zur doppelten Zerreißprobe bei den Christsozialen zu werden. Es geht nicht nur Männer gegen Frauen, sondern vor allem junge gegen ältere CSU-Damen. Nun hängt alles von Parteichef Horst Seehofer ab
MÜNCHEN Beim Thema Frauen darf man Horst Seehofer offensichtlich nicht trauen: Erst kommt die Charme-Offensive. Dann die großen Versprechungen. Und am Ende seilt er sich doch wieder ab und belässt alles beim Alten. Dieses Schicksal droht nun auch den CSU-Frauen. Vor einem Jahr hatte er sie noch umschwärmt („Frauen sind Gold wert“) und seinen Parteifreundinnen eine Quote versprochen - mit 40 Prozent in allen Ämtern. Doch ein ehemaliges Funkenmariechen funkt jetzt dazwischen - mit einer feurigen Kampagne „Gegen Quote“: Katrin Poleschner (26), Vize-Chefin der Jungen Union und fast 19 Jahre lang Garde-Mädchen im Karnevalsverein, will den verordneten Vormarsch der Frauen in der Männerpartei stoppen. Und was tut Horst Seehofer? Er schweigt.
In einer Krisensitzung soll nun der CSU-Vorstand am Freitag in Sachen Frauen schlichten. Denn die versprochene Quote, die auf dem Parteitag im Oktober auf der Münchner Messe verabschiedet werden sollte, droht zur doppelten Zerreißprobe bei den Christsozialen zu werden. Es geht nicht nur Männer gegen Frauen, sondern vor allem junge gegen ältere CSU-Damen. An der Parteispitze ist man bereits sicher, dass die Quote in der CSU nicht mehrheitsfähig ist. Jetzt hängt alles von Seehofer ab. „Nur wenn der Chef sie zu seinem Anliegen macht, dann geht sie durch. Wenn nicht, dann nicht“, erklärt Schwabens CSU-Chef Markus Ferber, der der Quote nichts abgewinnen kann: „Das muss von unten rauf wachsen und nicht von oben bestimmt werden.“
Aus seinem Bezirk kommt Katrin Poleschner. Jung, blond, konservativ, gescheit - und mit der Überzeugung, die Welt stehe ihr offen. In der CSU-Zentrale hat sie Karriere gemacht, als Referentin für Bildung und Kultur. „Wir wollen keine Quotenfrauen sein. Das ist die Herabwürdigung aller in der CSU aktiven, engagierten Frauen und ihrer Leistungen“, kämpft sie mit ihren JU-Freundinnen im Internet.
Auf Facebook steht die junge Frauenbewegung gegen mehr Frauenförderung noch auf verlorenem Posten – mit gerade mal 186 Unterstützern. In der CSU allerdings dürfte das anders sein, wenn die Jungamazonen auf dem Parteitag mit ihren schwarzen T-Shirts und pinkfarbenen „GQ“ (Gegen-Quote) aufmarschieren.
„Wir wollen keinen Krieg“, sagt Bayerns Justizministerin und CSU-Vize-Chefin Beate Merk (53), die ebenfalls aus Schwaben kommt. Als sie jung war, habe sie genauso gedacht wie Katrin Poleschner. „Da hat man noch keine 20 Jahre Berufserfahrung und viele Kämpfe hinter sich“, resümiert die Ministerin. „Auch ich hab’ damals gesagt, jetzt warten wir doch mal ab, was freiwillig geschieht. Und geschehen ist nichts, obwohl sich die Frauen eingesetzt und gekämpft haben.“ Für Merk steht längst fest: „In keinem Bereich der deutschen Gesellschaft werden wir mit wenig Frauen die Zukunft bestehen. Das Erfolgsmodell besteht aus Frau/Mann.“
Noch optimistisch ist Angelika Niebler (47), die Chefin der Frauen-Union, dass Seehofer zu seinem Versprechen steht: „Wenn wir jetzt den Schritt nicht schaffen, wird sich in der CSU nichts ändern.“ Gegenüber den Jung-Amazonen ist sie auf Kampf programmiert: „Die müssen schauen, dass ihnen die Felle nicht davon schwimmen.“
Jedenfalls hat es der äußerst redegewandten Katrin Poleschner inzwischen die Sprache verschlagen: „Alle Argumente sind ausgetauscht. Ich sage nichts mehr bis zum Parteivorstand am Freitag.“ Auch CSU-Generalin Dorothee Bär, die in der Männer-Partei nur als Statistin gilt, schweigt. Dabei hatte die 30-Jährige einst vollmundig verkündet: „Wenn man wirklich ernsthaftes Interesse daran hat, etwas zu verändern, braucht man eine Quote.“
Doch ein ernsthaftes Interesse haben die CSU-Männer eh nicht. Schon gar nicht die Jungen. Als heimlichen Drahtzieher der Anti-Quoten-Kampagne vermuten Insider den Chef der Jungen Union, Stefan Müller. Der 34-Jährige ist parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestags-CSU und zählt sich selbst zu den Kronprinzen Seehofers.
Müller gilt als durchtriebener Stratege. Eine Quote würde gerade in seiner Generation eine Männerdämmerung einläuten. Da passt’s doch perfekt, wenn seine JU-Vize Katrin Poleschner mit ihren Freundinnen die in der männlichsten aller deutschen Parteien verhindert.
Angela Böhm