Lebenslange Haft in Folterprozess gegen syrischen Arzt

Ein Orthopäde, der auch in deutschen Krankenhäusern tätig war, soll in Syrien Menschen getötet und brutal gefoltert haben. Deshalb stand er in Frankfurt lange vor Gericht. Nun ist das Urteil gefallen.
dpa |
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Für den heute 40-jährigen Angeklagten wurde die Unterbringung in Sicherungsverwahrung verhängt.
Für den heute 40-jährigen Angeklagten wurde die Unterbringung in Sicherungsverwahrung verhängt. © Boris Roessler/dpa
Frankfurt/Main

Wegen tödlicher Folter und Kriegsverbrechen in seiner syrischen Heimat ist ein Arzt in Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zugleich stellte das Oberlandesgericht die besondere Schwere der Schuld fest, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren in der Praxis so gut wie ausschließt. 

Verurteilt wurde der Angeklagte, weil er nach Überzeugung des Gerichts zwei Menschen getötet und neun Menschen schwer verletzt hat. Begangen wurden die Taten in den Jahren 2011 und 2012 in Syrien. Für den heute 40-jährigen Angeklagten wurde die Unterbringung in Sicherungsverwahrung verhängt. 

Der Vorsitzende Richter Christoph Koller schilderte in der Urteilsbegründung die Taten des Angeklagten Alaa M. im Militärkrankenhaus in der Stadt Homs. Dort habe er zu einer Gruppe Ärzte gehört, die als die "Beseitigungsgruppe" bekannt gewesen sei. Opfer waren inhaftierte Zivilisten, die der Opposition gegen den damaligen Machthaber Baschar al-Assad zugerechnet wurden. 

Der Arzt habe sadistische Neigungen und diese bei der Folter ausgelebt. "Der Angeklagte genoss es vor allem, ihm minderwertig und unterlegen erscheinenden Menschen körperliche Schmerzen zu bereiten", sagte Koller. 

Opfer schilderten Folter

Der Prozess dauerte knapp dreieinhalb Jahre. Opfer hatten in den Verhandlungen schwerste Misshandlungen geschildert, unter anderem wurde von Schlägen, Tritten und dem Anzünden von Wunden und Körperteilen berichtet. 

Koller betonte, ohne die Bereitschaft und den Mut von Zeugen hätte der Tatverhalt nicht aufgeklärt werden können. Das Assad-Regime habe bis zu seinem Sturz versucht, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen. Trotz Bedrohungen hätten die Zeugen in öffentlicher Hauptverhandlung von den Geschehnissen berichtet. Die sei sehr bewegend gewesen. 

Alaa M. lebt seit zehn Jahren in Deutschland und hatte in mehreren Kliniken als Orthopäde gearbeitet, zuletzt im nordhessischen Bad Wildungen. Im Sommer 2020 wurde der Familienvater festgenommen - Opfer hatten ihn in einer TV-Dokumentation über die syrische Stadt Homs wiedererkannt. Seitdem saß er in Untersuchungshaft. 

Prozess nach dem Weltrechtsprinzip

Dass sich der Mann wegen Verbrechen in seiner Heimat vor einem deutschen Gericht verantworten muss, liegt auch am sogenannten Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht. Es erlaubt, auch hierzulande mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern in anderen Staaten zu verfolgen.

Die Bundesanwaltschaft hatte für den Mann in ihrem Plädoyer lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert. Seine Anwälte forderten unter anderem für den Anklagevorwurf der Tötungen einen Freispruch. Ihr Mandant sei in dem fraglichen Zeitraum nicht in Homs tätig gewesen. Alaa M. selbst bezeichnete sich in dem Prozess als nicht schuldig, er sei Opfer eines Komplotts. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Hinweis: Diese Meldung ist Teil eines automatisierten Angebots der nach strengen journalistischen Regeln arbeitenden Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie wird von der AZ-Onlineredaktion nicht bearbeitet oder geprüft. Fragen und Hinweise bitte an feedback@az-muenchen.de

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