Kundus-Untersuchungsausschuss: Guttenbergs Eiertanz
„Angemessen – nicht angemessen“, „Vorenthalten - nicht vorenthalten“: Der Verteidigungsminister schlingert bei seinem Afghanistan-Kurs hin und her. Das könnte sich jetzt rächen.
BERLIN Jetzt wird’s eng für Karl-Theodor zu Guttenberg: Unmittelbar vor Beginn der politisch brisanten Zeugenaussagen im Kundus-Untersuchungsausschuss hat die Opposition den Druck auf den Verteidigungsminister erhöht. Bei den Vernehmungen des früheren Generalinspekteurs Wolfgang Schneiderhan und des Ex-Staatssekretärs Peter Wichert gehe es um die Glaubwürdigkeit des CSU-Politikers, sagte SPD-Wehrexperte Hans-Peter Bartels. Der Grünen-Politiker Omid Nouripour nannte das bisherige Verhalten Guttenbergs in der Affäre „zutiefst verwirrend“.
Unterdessen berichtet „Spiegel online“ über „interne Dokumente“, die belegten, dass eine Arbeitsgruppe des Verteidigungsministeriums nach dem Kundus-Luftangriff gezielt an der Vertuschung der Wahrheit gearbeitet habe. Die „Gruppe 85“ genannten Strategen hätten unter der Leitung Wicherts versucht, Kritik an der Bundeswehr abzubügeln.
Schneiderhan, der gestern vor Wichert aussagte, äußerte zu Beginn seiner Vernehmung zwar soldatischen „Respekt vor dem Primat der Politik“. In einem Brief soll er aber laut dpa behaupten, Guttenberg habe sein später revidiertes Urteil über Kundus alleine und ohne Beratung gefällt. Beide Spitzenbeamten (siehe unten) waren vom Minister gefeuert worden, weil der sich von ihnen unzureichend informiert fühlte. Die AZ blickt zurück auf den monatelangen Eiertanz des CSU-Politikers.
4.September 2009: Der deutsche Oberst Georg Klein befiehlt Kampfflugzeugen den Luftangriff auf zwei von den Taliban gekaperte Tanklastzüge vor Kundus. Bis zu 142 Menschen werden getötet oder verletzt – auch Zivilisten.
28.10.: Die Nato legt dem Bundesverteidigungsministerium einen Bericht vor. Aus ihm geht klar hervor, dass Oberst Klein die Bombardierung nicht hätte anordnen dürfen.
6.11.: Der CSU-Minister stuft den Luftangriff nach Lektüre des Nato-Berichts, aber auch eines Geheimpapiers des Roten Kreuzes, in dem von 74 toten Zivilisten die Rede ist, als „militärisch angemessen“ ein.
26.11.: „Bild“ berichtet über einen Feldjägerbericht der Bundeswehr, in dem früh von zivilen Opfern die Rede gewesen sei. Guttenberg bestellt Schneiderhan und Wichert zum Rapport und entlässt sie.
2.12: Guttenberg schreibt an Wichert: „Mir ist nochmals wichtig zu betonen, dass ich nicht ansatzweise davon ausgehe, dass man Ihnen Böswilligkeit unterstellen könnte.“
3.12: Guttenberg vollzieht die Kehrtwende, bezeichnet den Angriff jetzt als „militärisch nicht angemessen“.
10.12: Er erklärt seinen Sinneswandel damit, dass ihm Dokumente „unterschlagen“ und „vorenthalten“ worden seien.
10.3: Der Minister sagt, er habe nie behauptet, dass ihm Unterlagen „vorsätzlich oder böswillig“ vorenthalten worden seien.jox
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