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Krieg gegen die Ukraine: Keine Kapitulation im Stahlwerk Asowstal - die Lage im Überblick

Die Situation in der Hafenstadt Mariupol ist ukrainischen Angaben zufolge äußerst ernst. Das russische Ultimatum an die verbliebenen ukrainischen Kämpfer ist verstrichen. Die Ereignisse in der Ukraine im Überblick.
AZ/dpa |
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Soldaten der Miliz der "Volksrepublik" Donezk gehen an beschädigten Wohnhäusern in Mariupol vorbei.
Soldaten der Miliz der "Volksrepublik" Donezk gehen an beschädigten Wohnhäusern in Mariupol vorbei. © Alexei Alexandrov/AP/dpa

Kiew – In der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol ist die Lage laut Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerst ernst. Die Situation dort sei zudem "einfach unmenschlich". Moskau rief die ukrainischen Truppen zur Aufgabe auf.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen appellierte an die EU-Länder, der Ukraine schnell Waffen zu liefern. Oberstes Ziel eines anstehenden, sechsten Sanktionspaketes der EU gegen Russland sei, Moskaus Einnahmen zu schrumpfen.

Selenskyj beschuldigte in einer Videobotschaft Moskau, bewusst zu versuchen, alle Menschen in Mariupol auszulöschen. Um die Situation in der Stadt zu beeinflussen, sagte Selenskyj weiter, gebe es nur zwei Möglichkeiten. Entweder die Partnerländer der Ukraine stellten sofort alle notwendigen schweren Waffen zur Verfügung, auch Flugzeuge, damit man den Druck auf Mariupol verringern und die Stadt deblockieren könne. Der zweite Weg sei ein Verhandlungspfad, bei dem auch die Partner eine maßgebliche Rolle spielen müssten.

Keine Kapitulation im Stahlwerk Asowstal

Mariupol gilt als seit Anfang März eingekesselt. Durch die der mehr als eineinhalb Monate andauernden Kämpfe und Bombardierungen wurde die Stadt verwüstet und eine unbekannte Anzahl von Zivilisten getötet. In den vergangenen Tagen drangen russische Truppen ins Zentrum vor. Russischen Angaben zufolge verschanzten sich mittlerweile alle verbliebenen ukrainischen Kämpfer - deren Zahl nicht mehr als 2.500 sein soll - in dem Stahlwerk Asowstal. Darunter sollen auch 400 ausländische Kämpfer sein.

Der Einsatz von Tu-22M Überschallbombern durch die russischen Streitkräfte beim Angriff auf das Asowstal-Werk könne auf die Absicht hindeuten, den Kampf bald zu beenden, indem sie die verbliebenen ukrainischen Kämpfer mit Feuerkraft vernichteten, schrieb das US-Kriegsforschungsinstitut Institute for the Study of War (ISW) in seiner jüngsten Ukraine-Analyse.

Zwei Frauen sitzen an einer Haltestation in Mariupol. Mehr als 2.800 Menschen sind nach ukrainischen Angaben aus besonders umkämpften Gebieten im Osten des Landes herausgebracht worden. Etwa 2500 Flüchtlinge seien am Freitag in der Stadt Saporischschja im Süden angekommen, darunter 363 aus Mariupol, schrieb Vize-Regierungschefin Wereschtschuk auf Telegram.
Zwei Frauen sitzen an einer Haltestation in Mariupol. Mehr als 2.800 Menschen sind nach ukrainischen Angaben aus besonders umkämpften Gebieten im Osten des Landes herausgebracht worden. Etwa 2500 Flüchtlinge seien am Freitag in der Stadt Saporischschja im Süden angekommen, darunter 363 aus Mariupol, schrieb Vize-Regierungschefin Wereschtschuk auf Telegram. © -/victor/XinHua/dpa

In der Nacht rief die russische Armee die ukrainischen Streitkräfte in Mariupol erneut zur Aufgabe auf. Unter Berücksichtigung der "katastrophalen Situation" im Stahlwerk Asowstal biete man den eingeschlossenen ukrainischen Kämpfern sowie "ausländischen Söldnern" an, die Feindseligkeiten einzustellen und am Sonntag ab 6.00 Uhr Moskauer Zeit (5.00 Uhr MEZ) die Waffen niederzulegen, hieß es in einer Mitteilung von Generaloberst Michail Misinzew aus dem russischen Verteidigungsministerium. Allen, die ihre Waffen niederlegten, sei ihr Leben garantiert.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums haben die in Mariupol verbliebenden ukrainischen Kämpfer das Ultimatum aber verstreichen lassen. Nach Angaben des Ministeriumssprechers Igor Konaschenkow habe ihnen die Regierung in Kiew untersagt, die Waffen niederzulegen.

Selenskyj will Verhandlungen einstellen, wenn Soldaten in Mariupol sterben

Selenskyj drohte Russland mit einem Ende der Friedensverhandlungen, falls die ukrainischen Kämpfer in der Hafenstadt Mariupol getötet werden sollten. "Die Vernichtung unserer Jungs in Mariupol, das was sie gerade tun (...), könnte einen Schlussstrich unter jede Form von Verhandlungen setzen", sagte Selenskyj in einem Interview mit örtlichen Internetmedien.

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Gouverneur: Russische Truppen warten auf besseres Wetter

Der Gouverneur des ostukrainischen Gebiets Luhansk erklärte, Russland habe bereits Zehntausende Soldaten für eine baldige Offensive im Osten der Ukraine zusammengezogen. Zudem seien Hunderte Einheiten Technik in die Region transportiert worden, sagte Serhij Hajdaj.

Seiner Einschätzung nach warteten die russischen Truppen nur noch auf besseres Wetter, um dann zeitgleich in den Gebieten Luhansk und Donezk ihre Angriffe zu starten. In beiden Regionen soll nach Wettervorhersagen voraussichtlich Mitte kommender Woche der Regen aufhören und am Samstag wieder beginnen. Am kommenden Sonntag feiert die russisch-orthodoxe Kirche Ostern.

Von der Leyen ruft zu schnelleren Waffenlieferungen auf

Selenskyj forderte erneut mehr Tempo bei den Waffenlieferungen für sein Land. "Von dem Moment an, an dem sie sagen, wir haben beschlossen, der Ukraine Waffen zu liefern, bis unsere Streitkräfte die Waffen erhalten, können zwei bis drei Wochen vergehen", sagte der Staatschef in einem Interview für ukrainische Internetmedien. Der Prozess dauere zu lange. Selenskyj fand offenbar bei EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen bereits Gehör.

Sie appellierte an die Länder der EU, der Ukraine schnell Waffen zur Verfügung zu stellen. "Für alle Mitgliedstaaten gilt, wer kann, sollte schnell liefern, denn nur dann kann die Ukraine in ihrem akuten Abwehrkampf gegen Russland bestehen", sagte von der Leyen der "Bild am Sonntag". "Ich unterscheide nicht zwischen schweren und leichten Waffen. Die Ukraine muss das bekommen, was sie zur Verteidigung braucht und was sie handhaben kann."

Die 70-jährige Nadiya Trubchaninova weint am Sarg ihres 48-jährigen Sohnes Vadym, der in Butscha durch einen Schuss der russischen Armee getötet wurde.
Die 70-jährige Nadiya Trubchaninova weint am Sarg ihres 48-jährigen Sohnes Vadym, der in Butscha durch einen Schuss der russischen Armee getötet wurde. © Emilio Morenatti/AP/dpa

Von der Leyen: Öl und Banken im Visier

Zu den Kernpunkten eines sechsten Sanktionspaketes der EU gegen Russland, das zurzeit vorbereitet wird, sagte von der Leyen: "Wir sehen uns weiter den Bankensektor an, insbesondere die Sberbank, die alleine 37 Prozent des russischen Bankensektors ausmacht. Und natürlich geht es um Energiefragen." Man entwickle zudem gerade "kluge Mechanismen", damit im nächsten Sanktionsschritt auch Öl einbezogen werden kann.

Özdemir fordert mehr Waffen

Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir dringt auf eine Ausweitung der Waffenlieferungen in die Ukraine, um eine globale Hungerkrise abzuwenden.

Eine Mutter wartet mit ihrer Tochter auf einen Bus, um aus der Stadt Slowjansk im Nordwesten der Ukraine zu fliehen.
Eine Mutter wartet mit ihrer Tochter auf einen Bus, um aus der Stadt Slowjansk im Nordwesten der Ukraine zu fliehen. © Petros Giannakouris/AP/dpa

"Uns erreichen alarmierende Nachrichten aus der Ukraine, wo russische Truppen offenbar gezielt auch landwirtschaftliche Infrastruktur und Lieferketten zerstören", sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediegruppe (Sonntag). Das könne langfristige Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der ukrainischen Landwirtschaft und damit auf die Weltversorgung haben.

Das wird am Ostersonntag wichtig

Papst Franziskus feiert an diesem Sonntag auf dem Petersplatz in Rom die große Messe zum Ostersonntag. Es wird erwartet, dass Franziskus die Gelegenheit wieder zu einem Appell für den Frieden nutzen wird. Innerhalb der Ukraine richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Lage in Mariupol. In Berlin geht die Diskussion um die Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine weiter.

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8 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • strizzi am 17.04.2022 17:52 Uhr / Bewertung:

    Herr Selenskyj und sein deutsches Sprachrohr interessiert ein Waffenstillstand wenig. Wie weit sich der ukrainische Botschafter von der Wahrheit entfernt, lesen Sie in unabhängigen Medien - zum Beispiel aus der Schweiz.

  • strizzi am 17.04.2022 17:48 Uhr / Bewertung:

    Die Asower ordnen Sie am besten weit rechts von den Nazis ein.

  • katzenurin am 17.04.2022 16:24 Uhr / Bewertung:

    Stimmt es eigentlich, dass die „Asow-Brigade“ mit Swastika und Faschoparolen von sich reden machte?

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