Klimagipfel: Die Welt wartet auf die Heilsbringer

Letzter Anlauf beim Weltklimagipfel: Ab jetzt sollen mehr als 100 Staatenlenker ein Scheitern in Kopenhagen verhindern. Nach zehn Tagen Verhandlungen der Delegationen stehen sie jedoch vor einem Scherbenhaufen.
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"Jetzt handeln" - Klima-Aktivistin am Rande des Gipfels in Kopenhagen
dpa "Jetzt handeln" - Klima-Aktivistin am Rande des Gipfels in Kopenhagen

BERLIN/KOPENHAGEN - Letzter Anlauf beim Weltklimagipfel: Ab jetzt sollen mehr als 100 Staatenlenker ein Scheitern in Kopenhagen verhindern. Nach zehn Tagen Verhandlungen der Delegationen stehen sie jedoch vor einem Scherbenhaufen.

In der alles entscheidenden Schlussphase der Konferenz von Kopenhagen haben sich die Delegierten darauf geeinigt, in zwei Gruppen eine Verhandlungsgrundlage für die Staats- und Regierungschefs auszuarbeiten. Die dänischen Gastgeber standen indes weiter unter starkem Beschuss seitens der Gruppe der Entwicklungsländer (G77) und China. Auch zwischen den weltgrößten Verschmutzern USA und China, deren Verständigung als entscheidend für ein Klimaabkommen angesehen wird, gab es keine Bewegung.

UN-Klimachef Yvo de Boer sprach dennoch von ermutigenden Fortschritten. „Wir haben jetzt Klarheit über das weitere Vorgehen.“ Es blieben aber nur noch wenige Stunden bis zum Beginn der Plenumssitzung der Staats- und Regierungschefs, warnte er. „Wir hoffen sehr auf frische Ideen von ihnen.“

Gut 10 000 Delegierte aus 192 Staaten verhandeln seit knapp zwei Wochen in Kopenhagen über ein neues Klimaabkommen zur Reduzierung der Treibhausgase, das von 2013 an das Kyoto-Protokoll ablösen soll. Tiefe Grabenkämpfe zwischen den G77 und den Industrieländern sowie schwere Vorwürfe gegen die dänischen Gastgeber haben die Verhandlungen in den vergangenen Tagen lahmgelegt. Zuletzt lagen die Hoffnungen auf den Staatenlenkern, besonders auf Chinas Regierungschef Wen Jiabao und US-Präsident Barack Obama.

US-Außenministerin Hillary Clinton deutete allerdings an, dass Obama möglicherweise doch nicht kommen wird. „Wir hoffen, dass es etwas gibt, für das es sich lohnt zu kommen“, sagte sie. Erstmals nannten die USA mit 100 Milliarden Dollar (69 Milliarden Euro) eine Summe, die die reichen Länder vom Jahr 2020 an jährlich für Klimamaßnahmen in den Entwicklungsländern aufbieten sollen. Die EU bezifferte diesen Betrag allerdings auf 100 Milliarden Euro.

Zugleich erhöhte sie den Druck auf Peking, eine internationale Überprüfung seiner Klimaziele zuzulassen. China hat eine Reduzierung seiner Kohlenstoffintensität angekündigt, möchte sich aber nicht auf verbindliche Ziele festlegen und diese auch nicht international überprüfen lassen. „Wenn es noch nicht einmal die Bereitschaft gibt, über Transparenz zu reden, ist das für uns ein unüberwindbares Hindernis in den Verhandlungen.“

Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen gab am Morgen den Versuch auf, für die Chefrunde eine praktikable und entschlackte Verhandlungsgrundlage auszuarbeiten. Vor allem China, Brasilien sowie das G77-Sprecherland Sudan hatten Dänemark mit Vorwürfen der Intransparenz, mangelnder Demokratie und Einseitigkeit überhäuft. „Wir haben zwei Verhandlungstage verloren, was aber nicht die Schuld der G77 ist“, sagte eine sudanesische Delegierte.

Dagegen hatten westliche Diplomaten den Schwellen- und Entwicklungsländern vorgeworfen, untereinander uneins zu sein und sich nicht auf einzelne Vertreter geeinigt zu haben. Diese Stimmenvielfalt habe den Prozess blockiert.

Rasmussen ernannte seine frühere Klimaministerin Connie Hedegaard zur Leiterin der beiden Arbeitsgruppen. Diese sollen ihre Ergebnisse den Staats- und Regierungschefs in Form von zwei Dokumenten vorlegen. Die eine Gruppe repräsentiert die Länder des Kyoto-Abkommens, das verpflichtende Reduzierungen von Treibhausgasen für die Industriestaaten vorsieht, dem aber die USA nie beigetreten sind. Der andere Strang beruht auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder umfasst, aber noch keine bindenden Verpflichtungen enthält.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte vor ihrem Abflug nach Kopenhagen vor einem einem Scheitern des Klimagipfels. „Wenn wir jetzt nicht die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, riskieren wir dramatische Schäden“, sagte sie. „Das wird besonders die ärmsten Staaten treffen. Aber keiner wird davon verschont sein.“ Derzeit sei allerdings „kein vernünftiger Verhandlungsprozess“ in Sicht. „Die Nachrichten sind nicht gut.“ De Boer äußerte sich hoffnungsvoll, dass sich Merkel positiv in die Verhandlungen einbringen könne. „Sie ist eindeutig eine Klima-Kämpferin von Statur.“

dpa

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