Klatten-Erpresser Helg Sgarbi: Der eiskalte Charmeur
MÜNCHEN - Helg Sgarbi – der Gigolo. Wer ist der Mann, der Susanne Klatten belog und betrog? Antwort: Ein brillanter Menschenkenner – und ein vorbestrafter Betrüger, der schon vor fünf Jahren eine Frau erpresste.
Der 43-Jährige Schönling stammt aus der Nähe von Winterthur. Als Teenager hieß er noch Russak, der Name Sgarbi stammt von seiner Frau Gabriele Franziska. Die Russaks bauten sich in Winterthur vor über 20 Jahren ein Haus. Die Russaks waren eine Familie der gehobenen Mittelklasse: Helgs Vater Steffen war Vize-Direktor der Schweizer Maschinen-Bau-Firma Sulzer, die 11000 Angestellte beschäftigt. Der Vater und die Mutter sind nach Informationen der Zeitung „Blick“ seit Jahren auf Weltreise und melden sich ein, zwei Mal im Jahr bei einer ehemaligen Nachbarin. Außerdem besitzen sie ein Haus im noblen Skiort Davos. Helgs kleine Schwester lebt in Neuseeland.
Der Sohn Helg war selbst auf einem guten Weg: Er studierte Jura, arbeitete danach als Prokurist bei der Bank „Kreditanstalt“ und wurde auch Offizier der Schweizer Armee. Schon in Winterthur wickelte der Sproß aus gutem Haus die Frauen mit seiner charmanten Art um den Finger, erzählen Nachbarn und ehemalige Kollegen bei der Bank der „Blick“. Von September 2005 betrieb er bis zu seiner Verhaftung ein Übersetzungsbüro in Uznach im Kanton Sankt Gallen.
Anklage noch in diesem Jahr
2003 aber fiel er zum ersten Mal unangenehm auf: Helg Russak wurde von einem Gericht in Bülach (Kanton Zürich) wegen Nötigung verurteilt. Er hatte eine Deutsche beim gemeinsamen Sex gefilmt und danach versucht, sie zu erpressen. Jetzt wiederholt sich die Geschichte. Die Münchner Staatsanwaltschaft will bald Anklage erheben. "Ich gehe davon aus, dass es heuer passiert", sagte deren Sprecher Anton Winkler.
Brief aus dem Knast
Halg Sgarbis Komplize Ernano Barretta (63) derweil bestreitet alles – direkt aus dem Knast. Die italienische Zeitung „Il Giornale“ berichtet von einem Brief Barrettas aus der Zelle. Darin streitet der Sekten-Guru aus der Nähe von Pescara alle Vorwürfe ab – und macht sich große Sorgen um seinen Ruf:
„Ich hoffe, dass Gott mir hilft und dass es mir letztendlich gelingt, meine Unschuld in dieser Sache aufzuzeigen.
Diese Frau kennt mich ja gar nicht, das gibt sie selbst zu (…). Aber wir werde ich meiner Familie, meinen Freunden, meinen rund 9000 Klienten, all den Persönlichkeiten, die mich mit ihrer Freundschaft ehren und mein Gut nutzen, um dort Messen abzuhalten, erklären, dass ich kein Dongiovanni bin, kein Rocco Siffreidi (ein italienischer Pornostar, Anm.) bin? Habt ihr mich denn mal richtig angeschaut?
Dann schließt er den Brief mit den Worten: „Und wenn es wahr wäre, sagen wir hypothetisch, aber es ist nicht wahr – wenn das, was man mir vorwirft, also wahr wäre, dann hätte ich eine reiche Unternehmerin abgezockt, eine einzelne Person, aber bestimmt keine tausenden Bürger und den italienischen Staat – in dem ich mir schwindelerregende Summen öffentlicher Gelder aneigne und damit eine kriminelle Vereinigung gründe. Das italienische Recht sieht vor, dass der Angeklagte unschuldig ist, bis das Gegenteil bewiesen ist. Das gilt für mich wie für alle anderen Personen, von denen ich gerade gesprochen habe (seine Freunde und seine Familie, Anm.).“
Thomas Gautier
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