Killer-Taifun Nargis: Die Bilanz des Schreckens

Mit Windgeschwindigkeiten um 200 km/h tobt der Zyklon „Nargis“ über Birma und zerstört ganze Städte.Die vorläufige Bilanz des Schreckens: Wahrscheinlich 10000 Todesopfer, bis zu zwei Millionen Obdachlose, zehntausende verwüstete Häuser. Und nun wird auch das Trinkwasser knapp.
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Überall Zerstörung: In Rangun knickzen Bäume wie Streichhölzer einfach um.
dpa Überall Zerstörung: In Rangun knickzen Bäume wie Streichhölzer einfach um.

Mit Windgeschwindigkeiten um 200 km/h tobt der Zyklon „Nargis“ über Birma und zerstört ganze Städte.Die vorläufige Bilanz des Schreckens: Wahrscheinlich 10000 Todesopfer, bis zu zwei Millionen Obdachlose, zehntausende verwüstete Häuser. Und nun wird auch das Trinkwasser knapp.

Von Michael Heinrich

Verheerende Stürme, katastrophale Überflutungen – die ist man in der Region um die 6,5-Millionen-Metropole Rangun gewöhnt. Aber selbst ältere Einwohner der ehemaligen birmesischen Hauptstadt können sich nicht an so schlimme Verwüstungen erinnern. Am Samstag hatte in den südöstlichen Provinzen des bitterarmen asiatischen Staates der Taifun „Nargis“ mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometern gewütet, auch am Montag, am zweiten Tag nach der Katastrophe war das ganze Ausmaß des Schadens noch nicht absehbar.

Die vorläufige Bilanz des Schreckens: Wahrscheinlich 10000 Todesopfer, bis zu zwei Millionen Obdachlose, zehntausende verwüstete Häuser. Allein in dem 4000-Einwohner-Ort Pyinzalu im südöstlichen Teil des Irrawaddy-Deltas haben nach Angaben eines Sprechers der Hilfsorganisation ADRA Deutschland nur 400 Menschen überlebt.

Auch Mitarbeiter des Malteser Hilfsdienstes berichten von mehreren tausend Toten. Nach Angaben des Auswärtigen Amts ist die Deutsche Botschaft im Kontakt mit den Deutschen, die sich im Land aufhalten. Bisher gebe es keine Erkenntnisse, dass Bundesbürger getötet oder verletzt worden sind.

„Eine etwa 3,60 Meter hohe Flutwelle hat Pyinzalu überschwemmt und für mehrere Stunden unter Wasser gesetzt“, berichtete ADRA-Sprecher Heinz-Hartmut Wilfert. Unter den Vermissten seien auch 19 einheimische Mitarbeiter der Hilfsorganisation, die weltweit an Projekten der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe in Katastrophenfällen beteiligt ist und der „Aktion Deutschland hilft“ angehört.

Einer der unzähligen entwurzelten Bäume wäre beinahe Win Myint und seiner Tochter zum Verhängnis geworden. Er war am Samstag durch die Luft gewirbelt und hatte das Haus in Dagon – einer Trabantenstadt von Rangun – getroffen, in dem Myint und sein Kind Schutz vor den wütenden Winden gesucht hatten. Beherzt schnappte sich der 38-Jährige das kleine Mädchen und flüchtete.

„Wir sind um unser Leben gerannt, wir hatten Angst“, erzählt Myint in einem buddhistischen Tempel, der als Notunterkunft für die obdachlos Gewordenen dient. Doch jetzt kommt das nächste Problem für Vater und Tochter. „Wir haben nichts mehr zu essen, nicht einmal Milchpulver“, klagt er. Damit ist er aber nicht allein.

Hunderttausende, so die Schätzungen von World Vision und anderen Hilfsorganisation haben keinen Zugang mehr zu sauberem Trinkwasser oder den nötigsten Lebensmitteln. Ihnen zu helfen wird auch in den nächsten Tagen schwierig werden. Viele, auch wichtige, Straßen sind überschwemmt oder mit umgestürzten Bäumen blockiert. Vielerorts, auch in Rangun sind sowohl die Trinkwasser- als auch die Stromversorgung zusammengebrochen. Die Nahrungsmittelpreise explodierten, zahlreiche Supermärkte und Märkte wurden von hungernden Birmesen geplündert.

Doch auch die in Birma seit Jahrzehnten regierende Militärjunta tut das ihre, um die Versorgung der Zyklon-Opfer zu erschweren: Nach Aussagen von Hilfsorganisationen dürfen sie manche betroffenen Regionen nicht betreten, weil sie militärisches Sperrgebiet sind.

Kritik wurde am Militärregime laut, das offenbar auch selbst nur schleppend mit der Unterstützung für die vom Wirbelsturm betroffenen Menschen vorankam. „Wo sind all die Uniformierten, die sonst in den Straßen immer bereit sind, Menschen zu schlagen?“ fragte ein Rikscha-Fahrer.

Nach einem Treffen mit ausländischen Diplomaten erklärten Mitarbeiter des Außenministeriums dann aber wenigstens, man würde internationale Hilfe begrüßen.

Auch die Bundesregierung will dem armen Land helfen, das Auswärtige Amt stellte 500000 Euro als Soforthilfe zur Verfügung, die EU sagte weitere zwei Millionen zu. .

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