Kann Obama die Wirtschaft retten?
Schulden, Finanzkrise, Arbeitslosigkeit: Konjunktur-Experte Kai Carstensen vom Münchner ifo-Institut erklärt im AZ-Interview, warum er nicht in der Haut des künftigen Präsidenten stecken will.
AZ: Herr Carstensen, warum betrifft die Krise der US-Wirtschaft die ganze Welt?
KAI CARSTENSEN: Das Weltfinanzzentrum liegt in Amerika. Die US-Wirtschaft macht 25 Prozent der Weltwirtschaft aus und beeinflusst so die ganze Welt. Der Import und Export ist sehr groß. Fallen die USA als Handelspartner aus, geraten auch andere Staaten in die Krise.
Die Börsen beurteilen Obama skeptisch. Warum?
Ich weiß nicht, ob man jetzt aus kurzfristigen Reaktionen der Börsen etwas ablesen kann. Wir befinden uns in einer Situation sehr großer Unsicherheit. Nicht seine Wahl, sondern seine Maßnahmen als US-Präsident werden die Börse nachhaltig bewegen.
In welcher wirtschaftlichen Lage tritt er das Amt an?
Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Die US-Krise ist schlimm. Viele Amerikaner können ihre Häuser nicht bezahlen. Diese Krise hat auf große Teile der Wirtschaft übergegriffen. Die Arbeitslosigkeit beträgt mehr als sechs Prozent – das ist für die USA sehr hoch. Der Staatshaushalt ist vor allem wegen der hohen Rüstungsausgaben nicht weniger belastet. Ihre Schulden haben die Amerikaner ins Ausland verkauft. Andere Staaten kauften die Miesen in Form von Staatsanleihen ab. Das können die Amerikaner auf Dauer nicht durchstehen.
Obama verspricht Steuererleichterungen. Treibt er so die USA erst recht in die Pleite?
Ein Konjunkturprogramm hält für ein Quartal, aber nicht für zwei Jahre. Und es kostet viel Geld. Das würde die amerikanischen Haushalte noch stärker belasten.
Was muss er tun?
Vielleicht ein Aufruf à la: Die Amerikaner müssen wieder mehr sparen. Nach seiner Wahl hat er ja schon angekündigt, dass die Amerikaner sich auf eine lange Durststrecke vorbereiten müssen. Steuergeschenke für die Konsumenten machen wenig Sinn. Dass die Amerikaner zu viel konsumieren, sollte man nicht auch noch auf Staatskosten befeuern. Es muss Schluss sein mit dem Konsum auf Pump.
Welchen Einfluss hat der Präsident auf die Konjunktur?
In den USA müssen Haushaltsentscheidungen durchs Parlament. Dessen beide Kammern sind sehr mächtig - aber seit der Wahl von den Demokraten dominiert. Im Moment wird sich keiner trauen, Obama auflaufen zu lassen. Aber das kann sich schnell ändern, wenn die Einschnitte schmerzhaft werden.
Kann Obama die US-Wirtschaft retten?
Die Amerikaner sind morgen nicht pleite. Sie haben nach wie vor eine hochproduktive und innovative Wirtschaft. Aber sie befinden sich in einer Krise. Speziell die Haushalte werden ihr Konsumwachstum der vergangenen Zeit nicht so schnell wieder erreichen können. Wir befinden uns in einer notwendigen Anpassungsphase nach einer Zeit, in der die USA über ihre Verhältnisse gelebt haben. Obama kann höchstens versuchen, die Folgen zu lindern.
Interview: Volker ter Haseborg
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