Kahlschlag bei Familien: So sieht Bayerns Haushalt für die nächsten beiden Jahre aus
Der Rest der Welt verschulde sich, Bayern nicht - das war nach einer Haushaltsklausur des Kabinetts am Dienstag die zentrale Botschaft von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) für den Doppelhaushalt 2026/2027. In den Wochen vor den abschließenden Haushaltsberatungen der Staatsregierung war es Söder selbst, der über die Aufnahme neuer Schulden öffentlich spekuliert hatte.
Am Dienstag verkündete der Regierungschef: Der ausgeglichene Haushalt als "Markenzeichen" bayerischer Finanzpolitik werde nicht angetastet - und: "Stoibers Erbe bleibt erhalten." Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gilt als Vater des ausgeglichenen Staatshaushalts, der "Schwarzen Null".
Ausgaben wachsen um 4,2 Prozent
Nach dem Entwurf der Regierung wachsen die Ausgaben des Freistaats in den beiden Folgejahren um 4,2 Prozent auf 168 Milliarden Euro (2026: 84,6 und 2027 83,4 Milliarden Euro). Dabei eingerechnet sind Sondermittel von etwa sieben Milliarden des Bundes nach dem Gesetz zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Kommunen (LuKIFG).
Dadurch kann Bayern seine Investitionsquote um zwei Prozentpunkte auf 17 Prozent steigern. 2026 und 2027 werden damit Investitionsausgaben von 28,6 Milliarden Euro möglich. An Forschung und Bildung (Ausgabenrahmen: 59,6 Milliarden Euro) und der Hightech-Agenda (eine Milliarde Euro) werde nicht gespart, unterstrich Söder.
Einschnitte bei Familien mit Kindern
Zu Diskussionen dürfte die Streichung des Kinderstartgelds führen. Das ursprünglich auf Initiative Söders eingeführte Familiengeld wurde bereits halbiert und soll jetzt ab 2026 komplett gestrichen werden. "Wir verzichten auf das eigentlich geplante Kinderstartgeld, schaffen das Krippengeld ab, stellen das bayerische Familiengeld für die ab 1. Januar 2025 geborenen Kinder ein und investieren die frei werdenden Mittel umgehend und vollständig in die Betriebskostenförderung der Kindergärten und Kitas sowie aller staatlich geförderten Betreuungseinrichtungen", hieß es in einer Mitteilung der Staatsregierung.

Viele Kitas könnten die Betriebskosten nicht mehr stemmen, begründete Söder den Schritt. Sie müssten unterstützt werden. Den Eltern nutze Geld nichts, wenn sie keinen Betreuungsplatz fänden. Bis 2030 stünden jetzt drei Milliarden Euro für die Kita-Förderung zur Verfügung. Die angestrebte Betriebskostenförderung zugunsten der Träger der Kitas und der Kommunen wurde von Städtetags-Vorsitzendem Markus Pannermayr (CSU) ausdrücklich begrüßt. Dies entspreche einer langjährigen Forderung des Städtetags. 12,83 Milliarden Euro fließen 2026 in den kommunalen Finanzausgleich. Das war bereits vorab in Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart worden.

Um keine Schulden aufnehmen zu müssen, tritt der Staat insbesondere bei den Personalausgaben auf die Bremse. Im Haushaltsjahr 2026 werden keine kostenwirksamen neuen Stellen eingerichtet, ebenso für das Haushaltsjahr 2027 im Bereich der Ministerien. Über alle Geschäftsbereiche hinweg sollen bis 2028 insgesamt 1000 und bis 2040 dann 10.000 Stellen im Staatsapparat gestrichen werden.
"Die Frauen sollen’s mal wieder richten"
Gespart werden soll durch eine moderate Einschränkung der familiär bedingten Teilzeitmöglichkeiten für Staatsbedienstete und durch Verschiebung von Tariferhöhungen. Ärger deutete sich umgehend an. "Nichts verstanden – Frauen sollen’s mal wieder richten", reagierte die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) Simone Fleischmann auf die angekündigte Einschränkung der Familienteilzeit.
Die Personalkostenquote kann so unter der 40-Prozent-Marke gehalten werden. "Wir sparen nicht am Bürger, sondern an uns selbst", so Söder. An der Effizienz des Staates und der digitalen Dividende will die Regierung auch durch Einsetzung einer Kommission "Staatsreform" feilen, die bis Ende 2026 Vorschläge erarbeiten und unterbreiten soll.

Obwohl die Kosten für die Unterbringung von Asylbewerbern in den beiden Folgejahren um 426 Millionen sinken sollen, sind für die Bereiche Asyl und Integration immer noch 5,3 Milliarden Euro vorgesehen. Andererseits sieht die Staatsregierung auch "zwingenden Bedarf" für Personalmehrungen in den "Kernbereichen staatlichen Handelns". Ab 2027 werden 1500 neue Lehrkräfte eingestellt und 400 zusätzliche Stellen für multiprofessionelle Unterstützungskräfte an Schulen geschaffen, zudem 2482 Stellen an Landratsämtern und je 200 bei Polizei und Wissenschaft sowie 150 im Justizbereich. Die Wohnraumförderung wird – dank Mitteln des Bundesprogramms – auf 3,6 Milliarden Euro angehoben.

Der erneut ausgeglichene bayerische Staatshaushalt für 2026 und 2027 wird nur möglich, weil aus den Rücklagen nach Angaben von Finanzminister Albert Füracker (CSU) 4,9 Milliarden Euro entnommen werden. Das Polster des Freistaates schrumpft damit auf eine Milliarde Euro. Es würden aber im Laufe der Haushaltsjahre immer wieder Summen in die Rücklage zugebucht, so Füracker, der mehrmals seine Zufriedenheit über den Verzicht auf Neuverschuldung zum Ausdruck betrachte: "Mehr geht bei einem Finanzminister nicht, als zu sagen, er ist zufrieden."

Brauchen Unis, "in die es nicht mehr reinregnet"
Die Haushaltsexpertin der Grünen im Bayerischen Landtag Claudia Köhler sprach von einer "konstruierten Debatte" um die Neuverschuldung. Die Staatsregierung habe viel zu lange auf hohen Rücklagen gesessen, statt in Kommunen, Kinder und den Umweltschutz zu investieren, so die Grünen-Politikern. Forschung und High-Tech seien wichtig, aber genauso moderne Schulen, genügend Lehrkräfte und Unis, "in die es nicht mehr reinregnet". Dass die Staatsregierung jetzt den Kommunen im Sinne der Kommunalmilliarde helfen wolle, sei "ein grüner Erfolg". Bayerns DGB-Vorsitzender Bernhard Stiedl kritisierte dagegen den Verzicht auf eine Neuverschuldung.
