Kaffeefahrt in den Tod: 20 Tote bei Bus-Inferno auf der A2
HANNOVER - Sie waren auf der Heimfahrt von einer Kaffeefahrt: 20 überwiegend ältere Menschen sind ums Leben gekommen, als ein Reisebus in der Nähe von Hannover vollständig ausbrannte. Schuld soll eine Zigarettenkippe sein, die ein Passagier heimlich auf der Bustoilette geraucht hat.
Tödliche Tragödie auf der Autobahn: Beim Brand eines Reisebusses auf der A2 bei Hannover sind am Dienstag Abend mindestens 20 vorwiegend ältere Menschen ums Leben gekommen. Zwölf weitere wurden zum Teil schwerst verletzt, wie ein Sprecher des Lagezentrums im niedersächsischen Innenministerium in Hannover mitteilte. Laut Polizei wurde die Katastrophe vermutlich durch eine Zigarette ausgelöst, die ein Fahrgast heimlich auf der Bustoilette geraucht hat. Nach Augenzeugenberichten brach das Feuer in der Toilette aus, nachdem ein Passagier sich dort aufgehalten hatte.
Der Bus der Firma Mommeyer aus Hannover befand sich auf der Rückreise von einer Kaffeefahrt. Nach Angaben der Busfirma befanden sich insgesamt 40 vor allem ältere Menschen in dem Fahrzeug. Gegen 20.45 Uhr sei der Bus auf der Autobahn zwischen den Anschlussstellen Garbsen und Herrenhausen in Brand geraten. Der Fahrer sei auf den Seitenstreifen gefahren, so der Sprecher des Lagezentrums: „Die Leute sind wohl nicht schnell genug rausgekommen.“
Die Identifizierung der Toten wird mehrere Tage dauern, weil die Leichen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind. Die genaue Ermittlung der Namen der Opfer gestaltet sich auch deswegen schwierig, weil sich zu dem Ausflug mehr Menschen angemeldet hatten als letztlich mitfuhren. Eine genaue Passagierliste existierte nicht. «Deswegen muss nun geschaut werden, wer tatsächlich im Bus saß», sagte ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums.
Die 13 Überlebenden des Unglücks stammen nach Angaben von Hannovers Polizeipräsident Uwe Binias aus dem Großraum Hannover. Es sei davon auszugehen, dass dies auch für die 20 Opfer zutreffe, sagte er. Für vier der Verletzten sieht es offenbar schlecht aus: Die Kombination aus den Verbrennungen, den eingeatmeten Rauchgasen und dem hohen Alter der Verletzten sei lebensbedrohlich, sagte Prof. Hans-Oliver Rennekampff von der Medizinischen Hochschule Hannover. Dort werden sieben Schwerstverletzte behandelt, weitere fünf liegen in anderen Krankenhäusern. Nur der 51 Jahre alte Fahrer des Busses konnte die Klinik bereits verlassen.
Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete indes ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Tötung ein. Das Feuer in dem Unglücksbus breitete sich nach Angaben des Polizeipräsidenten «blitzartig und sehr, sehr schnell aus». Der genaue Hergang ist aber noch unklar: Vermutet wird unter anderem, dass ein Fahrgast in der Toilette rauchte und die Zigarette nicht ordentlich löschte. «Wir wissen die Ursache einfach nicht», betonte aber Bernd Keitel von der Feuerwehr Hannover.
Augenzeugen hatten von Rauchentwicklung in der WC-Kabine berichtet. Als die Toilettentür geöffnet wurde, schoss eine Stichflamme aus dem kleinen Raum ins Fahrzeuginnere. Das Feuer habe den Hochdeckerbus unter Umständen auch deshalb so schnell ganz erfassen können, weil sich die Flammen wie durch einen Kamin nach oben ausbreiten konnten. Wenn sich der Rauch sehr schnell im Bus verteile, bildeten sich zudem entzündliche Gase, erklärten die Ermittler.
Der Busfahrer habe nach den Feuerrufen der Passagiere sofort reagiert, sein Fahrzeug von der mittleren Spur an den Rand gesteuert und die Türen entriegelt und geöffnet. Der Fahrer habe noch bis zuletzt versucht, Menschen ins Freie zu bringen, sagte der Anwalt der Inhaberfamilie des hannoverschen Traditionsunternehmens Mommeyer.
Der Unglücksbus war nach Angaben des Junior-Chefs Oliver Prehn in einem «einwandfreien Zustand». «Der Bus war viereinhalb Jahre alt und wird regelmäßig gewartet, ein Top-Bus», sagte Prehn. Er könne sich nicht erklären, wie es zu dem Feuer gekommen sei. Für die Fahrt ins Münsterland war der Bus von der Firma Thomas-Reisen gechartert worden, die ein Tochterunternehmen des Ausflugsziels Prickings-Hof im Münsterland ist.
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee äußerte sich tief erschüttert: „Es muss jetzt sorgfältig untersucht werden, wie es zu diesem Unglück kommen konnte“, sagte er. „Falls erste Berichte zutreffen, nach denen nur wenige Passagiere den Flammen entkommen und den Bus verlassen konnten, muss geprüft werden, ob Sicherheitsbestimmungen eingehalten wurden, und ob diese verschärft werden müssen.“
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