Ist Gaddafi am Ende?
In Libyen könnte die Entscheidung kurz bevor stehen: Dem libysichen Außenminister zufolge hat Gaddafi schon jeglichen Einfluss in seinem Land verloren. Die aktuelle Lage.
London/Paris - Erneut sind am Mittwoch zum Teil heftige Kämpfe zwischen libyschen Rebellen und Anhängern des Regimes des bisherigen Machthabers Muammar al- Gaddafi in der Hauptstadt Tripolis aufgeflammt. In Paris wollte der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Abend mit dem Rebellenführer Mahmud Dschibril zusammentreffen, um über die Zukunft des nordafrikanischen Landes nach dem Ende der Ära Gaddafi zu beraten. Angesichts überbelegter Krankenhäuser und zahlloser Verletzter in Libyen, bereitet die Europäische Union Hilfen für die Bevölkerung vor.
Einen Tag nach der Eroberung der Residenz Gaddafis durch libysche Aufständische kam es am Mittwoch in dem nahe gelegenen Stadtteil Abu Salim zu heftigen Gefechten. In dem Viertel befindet sich ein berüchtigtes Gefängnis, zudem wird es als eine der letzten Hochburgen des Regimes in der Hauptstadt angesehen. Am Morgen hatten die Rebellen mitgeteilt, sie würden den Großteil von Gaddafis Residenz, dem Militär- und Wohnkomplex Bab al Asisija, kontrollieren. Scharfschützen aufseiten Gaddafis unterbrachen die Verbindungsstraße zum Flughafen von Tripolis und schossen auf Autofahrer in der Nähe des Hafens.
Gaddafi selbst kündigte einem libyschen Fernsehbericht zufolge zuvor an, bis zum Sieg zu kämpfen oder als Märtyrer zu sterben. In einer am Mittwoch von dem Sender Al Uraba TV ausgestrahlten Rede forderte er die „Befreiung“ der Hauptstadt Tripolis von den „Teufeln und Verrätern“, die sie überrannt hätten. „Warum lasst Ihr zu, dass sie ein solches Chaos anrichten?“, fragte er demnach von einem unbekannten Ort aus an seine Anhänger gewandt. Die Rebellen sagten, dass sie einen Großteil der Stadt sowie den Flughafen unter ihre Kontrolle gebracht hätten.
Dem libyschen Außenminister zufolge verfügt Gaddafi über keinen Einfluss mehr im Land. Abdul Ati al Obeidi sagte dem britischen Rundfunksender Channel 4 am Mittwoch, er stehe nicht mehr mit anderen Regierungsvertretern in Kontakt. Alles deute daraufhin, dass Gaddafi alle seine Optionen ausgeschöpft habe.
UN und NATO arbeiten an Plänen für die Zeit nach Gaddafi
In Paris sollte am Mittwoch der libysche Rebellenführer Mahmud Dschibril mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zusammen kommen. Bei den Gesprächen sollte es um die Lage in Libyen und die Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft gehen, den politischen Übergang zu einem freien und demokratischen Staat zu unterstützen, teilte Sarkozys Büro mit.
Derweil wurde Informationen der Nachrichtenagentur AP zufolge bekannt, dass die Vereinten Nationen an einem Plan für die Zeit nach dem Konflikt in Libyen arbeiten, und dass die NATO Optionen für einen möglichen Einsatz nach dem Ende des Bürgerkriegs entwirft.
Die Europäische Union ist ebenfalls aktiv geworden und bereitet angesichts überbelegter Krankenhäuser und zahlloser Verletzter in Libyen Hilfen für die Bevölkerung vor. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, betonte ein Kommissionssprecher am Mittwoch in Brüssel. Hilfsgüter seien bereits zur Weiterverteilung in zugängliche Zonen des Landes gebracht worden.
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