Israel startet Offensive im Gazastreifen - 21 Tote

Die Gewalt eskaliert: Bei einer massiven israelischen Offensive im Gazastreifen und einem Angriff militanter Palästinenser in Israel sind mindestens 21 Menschen getötet worden.
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Nach einem israelischen Militärschlag steigt im Süden von Gaza Stadt Feuer und Rauch auf.
dpa Nach einem israelischen Militärschlag steigt im Süden von Gaza Stadt Feuer und Rauch auf.

Die Gewalt in Nahost eskaliert. Israelische Kampfjets bombardieren Ziele im Gazastreifen, die Armee rüstet sich für eine Bodenoffensive. Palästinenser drohen. In Tel Aviv heulen Warnsirenen.

Tel Aviv/Gaza - Die israelischen Luftschläge gelten als möglicher Auftakt eines neuen Gaza-Kriegs. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Konfliktparteien zu größtmöglicher Zurückhaltung auf. Die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten mache ihn sehr besorgt.

Unter zehn getöteten Zivilisten seien auch fünf Kinder, teilte der Sprecher der Rettungsdienste, Aschraf al-Kidra, am Dienstag in Gaza mit. Die restlichen sechs Getöteten seien Kämpfer der Gruppierungen Hamas und Islamischer Dschihad gewesen. Der bewaffnete Arm der Hamas kündigte eine «überraschende Ausweitung unserer Attacken» an.

In Tel Aviv heulten am Abend die Warnsirenen. Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren feuerten militante Palästinenser mindestens eine Rakete auf den Großraum Tel Aviv ab. Sie sei von der Raketenabwehr abgefangen worden, teilte die Armee mit. Die radikale Gruppe Islamischer Dschihad bekannte sich zu dem Angriff.

Nach Angaben des israelischen Militärsprechers Arye Shalicar hat die Armee grünes Licht für die Mobilisierung von bis zu 40 000 Reservesoldaten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer militärischen Konfrontation, die völlig außer Kontrolle geraten könnte.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies die Armee am Dienstag an, auch Vorbereitungen für eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen zu treffen. Im Kampf gegen die Hamas sei es an der Zeit, «die Samthandschuhe auszuziehen», sagte er.

Israel will mit der Operation «Zuk Eitan» (Fels in der Brandung) den ständigen Raketenbeschuss seiner Ortschaften unterbinden. Die israelische Armee teilte am Nachmittag mit, bislang habe die Luftwaffe 150 «Terror-Ziele» im Gazastreifen angegriffen. Nach palästinensischen Angaben wurden auch ranghohe Hamas-Aktivisten getötet, darunter der Marinekommandeur Raschid Jassin. Seit Beginn der israelischen Luftoffensive seien von palästinensischer Seite etwa 130 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert worden.

Tote gab es bei Angriffen auf ein Haus in Chan Junis sowie bei mehreren gezielten Luftschlägen gegen militante Palästinenser. Auslöser der jüngsten Runde der Gewalt waren die Entführung und die Ermordung von drei jüdischen Teenagern am 12. Juni sowie der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen in der vergangenen Woche. Israel ist seit der Entführung massiv gegen die Infrastruktur der Hamas im Westjordanland vorgegangen und hat Hunderte Mitglieder der Organisation festgenommen.

Darunter waren auch Männer, die Israel vor drei Jahren im Tausch gegen den Soldaten Gilad Schalit freigelassen hatte. Hamas fordert als Bedingung für ein Ende der Raketenangriffe ihre sofortige Freilassung sowie eine Aufhebung der Blockade des Küstenstreifens durch Israel und Ägypten.

Bei einem Angriff auf eine israelische Militärbasis nördlich des Gazastreifens wurden am Abend fünf militante Palästinenser getötet. Der israelische Rundfunk meldete, ein Soldat sei bei Schusswechseln leicht verletzt worden. Die Palästinenser seien offenbar von der See aus gekommen und hätten versucht, in die Basis Zikim einzudringen. Der bewaffnete Arm der Hamas habe sich zu der Tat bekannt.

Auswirkungen des Konflikts bekamen auch 2700 Passagiere und Besatzungsmitglieder des deutschen Kreuzfahrtschiffes «Aida Diva» zu spüren. Beim Auslaufen aus dem israelischen Hafen von Aschdod etwa 30 Kilometer nördlich des Gazastreifens fielen am Montagabend Raketensplitter auf das Deck. Die Kreuzfahrtreederei will bis auf weiteres israelische Häfen meiden.

US-Präsident Barack Obama rief Israelis und Palästinenser eindringlich zu einer friedlichen Lösung auf. «Frieden ist möglich», schrieb Obama in einem Gastbeitrag für die israelische Zeitung «Haaretz». Beide Seiten müssten bereit sein, dafür Risiken einzugehen. «Wenn der politische Wille zu ernsthaften Verhandlungen existiert, werden die USA da sein - bereit, unsere Rolle zu übernehmen.»

Der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor (79), nannte die Eskalation eine Folge des Scheiterns der Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern, für das Israel die Hauptverantwortung trage. «Auf beiden Seiten ist die Hoffnung auf Frieden fast völlig geschwunden», sagte Primor der «Märkischen Allgemeinen Zeitung». Nicht die ganze israelische Regierung, aber wichtige Politiker in ihr hatten nach Primors Worten von Beginn an kein wirkliches Interesse an einem Friedensabkommen. «Sie haben nur unter dem Druck der USA verhandelt.»

Die Hamas hatte am Montagabend Dutzende Raketen auf Israel abgefeuert. Zahlreiche Raketen seien vom Abwehrsystem «Iron Dome» abgefangen worden. Auch am Dienstag dauerten die Raketenangriffe auf Israel an. In einem Umkreis von 40 Kilometern Entfernung wurden die Menschen angewiesen, sich in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten. Insgesamt verfügt Hamas nach israelischen Angaben über etwa 10 000 Raketen mit Reichweiten bis etwas nördlich von Tel Aviv. Im Großraum Tel Aviv wurden aus Furcht vor weiteren Angriffen die öffentlichen Luftschutzräume geöffnet.

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