"Ich hatte schlaflose Nächte"

Normalerweise halten sich Politiker für höhere Aufgaben immer für geeignet. Beim Chef der Landtags-Grünen, Thomas Mütze, war es anders. Er steigt jetzt aus. Hier erzählt er, warum
Interview Angela Böhm |
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Wirft das Handtuch: Thomas Mütze
dpa Wirft das Handtuch: Thomas Mütze

München - Normalerweise halten sich Politiker für höhere Aufgaben immer für geeignet. Beim Chef der Landtags-Grünen, Thomas Mütze, war es anders. Er steigt jetzt aus. Hier erzählt er, warum

AZ: Herr Mütze, kein anderer Politiker vor Ihnen hat eingeräumt, dass er in seinem Amt gescheitert ist. Warum sind Sie so ehrlich?

THOMAS MÜTZE: Den Politiker-Sprech werden Sie von mir nicht hören. Ich sage, wie es ist. Und gescheitert bin ich ja nicht. Ich habe meinen eigenen Ansprüchen nicht genügt. Es ist einfach nicht mein Job. Die Fraktion braucht aber jemanden, der sie jetzt in den nächsten drei Jahren nach vorne auf die Siegerstraße bringt. Wir wollen ja die nächste Wahl gewinnen.

Sie hätten doch auch gesundheitliche oder familiäre Gründe vorschieben können.

Ich habe ja meine Familie als Grund genannt, dass ich mich wieder mehr um meine beiden Söhne kümmern will. Das lässt sich für mich mit diesem Amt nicht verbinden. Aber es geht nur um meine Entscheidung. Andere Kollegen haben ja auch Kinder.

Fürchten Sie nicht, dass Sie jetzt als Versager und Schwächling dastehen?

Mit negativen Reaktionen muss man rechnen. Das habe ich mir vorher schon überlegt. Bisher habe ich Glück gehabt. Ob mir dieser Schritt schadet oder nutzt, werde ich erst in ein paar Jahren wissen.

Was hat Sie überfordert?

Es ist schon was anderes einer von 19 Grünen-Abgeordneten zu sein oder vorne dran zu stehen und die Richtlinien zu bestimmen. Dazu muss man nach innen wirken, die Fraktion führen und den Stab der hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren.

Wann haben Sie gemerkt, dass das nicht Ihre Stärke ist?

Schon sehr früh. Im Oktober. Es gibt ja kein Praktikum für Fraktionsvorsitzende. Gesagt habe ich es aber erst viel später.

Wie fühlt man sich da?

Schlecht, weil man ja weiß, dass viele Leute Hoffnung in einen setzen.

Hatten Sie schlaflose Nächte?

Ja, die hatte ich.

Gibt man da gleich auf, oder kämpft man noch mit sich?

Ich habe einfach nur noch überlegt, wo ein Ausstieg ist, den alle tragen können und der nicht negativ für die Fraktion ist. Wir sind gerade in einem Umfrage-Hoch, da will ich ja auch nicht als der dastehen, der die schönen Umfragen wieder kaputt macht.

Sie sagen, Sie sind nicht der Mann für die erste Reihe. Als Frontmann der Aschaffenburger Band „Mütze und Z” sind sie doch jahrelang in der ersten Reihe herum getanzt.

Das ist was ganz anderes. Das kann man nicht vergleichen. Als Sänger vorne dran zu stehen, ist eine ganz andere Herausforderung. Frontmann, Sänger, das konnte ich. Fraktionsvorsitzender kann ich nicht.

Gesteht man sich das so einfach ein?

Nein. Natürlich fragt man sich: Warum hast du das überhaupt gemacht. Du hättest ja auch nein sagen können.

Haben Sie Rat gesucht?

Nein, das habe ich mit mir selber ausgemacht.

Haben Sie einen Rat für ihren Nachfolger?

Sich nicht auffressen lassen.

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