Horst Seehofer: Wie krank ist er wirklich?
München - Horst Seehofer (66) gilt als äußerst robuster Politiker. Der 1,93 Meter große bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende überrascht mit seiner sprichwörtlichen Durchsetzungskraft immer wieder Freund und Feind. Mentale und gar körperliche Schwächen scheinen ihm gänzlich fremd zu sein. Und doch fragen sich derzeit nicht nur viele Parteifreunde: Wie krank ist Seehofer wirklich?
Zusammenbruch bei der Eröffnungspremiere der Bayreuther Festspiele
Hintergrund der Aufregung ist ein Zusammenbruch bei der Eröffnungspremiere der Bayreuther Festspiele am vergangenen Samstag. Während der Wagner-Oper "Tristan und Isolde" klagte der CSU-Chef über Herzbeschwerden und Atemnot, sein Puls soll gerast haben.
Für Seehofer ein überaus ernstes Alarmzeichen: Seit einer Herzmuskelentzündung durch eine verschleppte Grippe, die er 2002 nur knapp überlebte, gilt sein Herz als geschwächt ¬ und er als potentiell gefährdet.
In der Bayreuther Premierenpause wird Bayerns Ministerpräsident ohne großes Aufsehen durch einen Hinterausgang aus dem Festspielhaus geführt und mit einem Notarztwagen - auf Anweisung des Chefs - ohne Blaulicht und Martinshorn in die Klinik gefahren. Es besteht der Verdacht auf einen Herzinfarkt.
Eine Nacht verbringt Seehofer auf der Intensivstation. Am nächsten Morgen lässt er sich nach Hause fahren, und am Montag verkündet er via bayerischer Staatskanzlei: "Mir geht es gut! Ich fühle mich völlig fit. Es muss sich keiner Sorgen machen!" Es gäbe nichts von Belang. Punkt!
Doch diese Botschaft glaubt niemand so recht. "Bild" fragt besorgt: "War es wirklich nur ein harmloser Schwächeanfall?" Und der in CSU-Angelegenheiten meist gut informierte "Münchner Merkur" schreibt: "Man solle sich keine Sorgen um ihn machen, sagt Horst Seehofer nach der Nacht im Krankenhaus. Sorgen machen sich trotzdem einige - unter anderem Seehofer selbst, weil er keine Schwäche offen eingestehen mag."
Mutet der CSU-Chef seiner angeschlagenen Gesundheit zu viel zu?
Ein Blick auf den offiziellen Terminplan Seehofers in den vergangenen Tagen. 20.7.: Klausurtagung des Bayerischen Kabinetts in St. Quirin am Tegernsee. 21.7.: Sommerempfang des Bayerischen Landtags im Neuen Schloss Schleißheim. 22.7.: Teilnahme an der Plenarsitzung im Bayerischen Landtag. 25.7.: Eröffnungspremiere "Tristan und Isolde" der Bayreuther Festspiele / Staatsempfang im Ehrenhof des Neuen Schlosses. 27.7.: Begrüßung des Ministerpräsidenten der Republik Serbien Aleksandar Vuèiæ / Gespräch in der Bayerischen Staatskanzlei / Eintragung in das Gästebuch der Bayerischen Staatsregierung. 28.7.: Leitung der Sitzung des Ministerrats in der Bayerischen Staatskanzlei.
Dazwischen jede Menge Konferenzen und Besprechungen in der Staatskanzlei, Parteisitzungen, Aktenarbeit, tägliche Telefonate mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der CSU-Landesgruppe in Berlin.
Kann und will Seehofer nicht loslassen? Dazu der "Münchner Merkur": "Da es sich bei der CSU intern eher um ein Wolfsrudel als um eine Schafherde handelt, weiß Seehofer: Jede eingestandene Blessur gereicht ihm zum Nachteil. Er befeuert die Nachfolge-Debatte zwar gern selbst, will aber immer die Kontrolle darüber behalten. Geraune, er sei unfit, wie es schon um den Jahreswechsel in den Zeitungen stand, schadet ihm. Kombiniert mit dem Ärger, wie schlecht es für die CSU bei Maut und Betreuungsgeld lief, kann das eine explosive Mischung ergeben."
Freunde machen sich Sorgen
Laut "Bild" fiel Vertrauten "seit Wochen auf, dass der Ministerpräsident blass aussah, Ringe unter den Augen hatte, oft fahrig wirkte. Freunde rieten ihm: ,Du musst dringend mal Urlaub machen..!'"
Bereits bei der China-Reise Ende des vergangenen Jahres bemerkten einige Begleiter körperliche Schwächen des Freistaat-Chefs, wie der "Spiegel" berichtete: "Bayerns Ministerpräsident ist einfach groggy. Schon für Jüngere ist der Weg hoch zur Mauer kein Spaziergang, zumal nach fünf strapaziösen Tagen in China. Unbemerkt von den Fotografen hat sich Seehofer auf dem Weg zur Seilbahn und dann beim weiteren Aufstieg mehrmals zurückfallen lassen. Immer wieder macht er Verschnaufpausen und hält sich am Geländer fest. Damit sich niemand wundert, tut er so, als würde er die Landschaft betrachten... Seehofer befürchtet, dass er wie ein alter Mann aussieht, wenn er sich die letzten paar Stufen zur Mauer hochschleppt. Er will keine Schwäche zeigen."
Der CSU-Abgeordnete Erwin Huber, Seehofers bester Partei-Feind und sein Vorgänger als CSU-Vorsitzender, hatte bereits im vergangenen Jahr geraunt, er fürchte, dass Seehofers Kräfte nicht mehr reichen, um für einen geordneten Übergang zu sorgen." Der soll, nach Seehofers Plan, 2018 stattfinden. Doch jeder in der Partei weiß, dass der Chef allemal für Überraschungen gut ist.
"Schafkopfn, Radl fahren, ausschlafen", so zitiert der "Spiegel" Seehofer, stelle er sich seinen Ruhestand vor. Und wenn die Lust auf seine Modelleisenbahn dann doch größer sein sollte als auf die Probleme in München und Berlin, kann man sich Horst Seehofer sehr gut zu Hause in Ingolstadt vorstellen, denn: "Wenn ich loslasse, lasse ich los."