Horror G8: Schüler schuftet 40 Stunden

Unterricht bis zum Nachmittag, danach Hausaufgaben und oft auch Nachhilfe. Und dann? Reichen Kraft und Motivation bei vielen Schülern nur noch fürs Fernsehen oder die Playstation. Die AZ hat sich den Wochenplan eines G8-Schülers angesehen.
von  Abendzeitung

Unterricht bis zum Nachmittag, danach Hausaufgaben und oft auch Nachhilfe. Und dann? Reichen Kraft und Motivation bei vielen Schülern nur noch fürs Fernsehen oder die Playstation. Die AZ hat sich den Wochenplan eines G8-Schülers angesehen.

MÜNCHEN Am Freitag ist Zeugnis- Tag für Bayerns Schüler. An den Gymnasien ist das G8 an diesem Tag Wut-Thema: Weil die Staatsregierung das Abitur innerhalb von acht Jahren eingeführt hat, müssen Schüler mehr Stoff in kürzerer Zeit pauken. Folge: Viele packen das Pensum nicht, bekommen schlechte Noten.

Daniel (Name geändert) gehört zum ersten G8-Jahrgang, der in acht Jahren das Abitur schaffen muss. Er geht in die 9. Klasse eines Gymnasiums irgendwo in Bayern. In der AZ erklärt er seinen Stundenplan.

Montag

„Um 8 Uhr geht die Schule los, ich schlafe, solange es geht, also bis 7.30 Uhr. Erste Stunde: Deutsch – Gedichte analysieren. Dann Englisch und Informatik. Anschließend meine schwächsten Fächer: Physik und Mathe. In Physik ist Kernphysik dran – ich kapiere nichts. In Mathe ist Potenzrechnen angesagt. Danach eine Stunde Musik.

Von 13.10 bis 13.45 Uhr ist immer Mittagspause, da kauf ich mir bei McDonald’s oder Edeka schnell was zu essen. Nachmittags steht mein Hassfach Latein an: Wir übersetzen Hannibal. Um 14.30 Uhr ist Schluss. Um 15 Uhr fange ich mit den Hausaufgaben an: Die Physik-Aufgaben kapiere ich null! Deshalb hat meine Mama einen Nachhilfelehrer engagiert.

Der kostet 20 Euro die Stunde. Er sagt, dass unsere Aufgaben früher in der Zwölften dran waren. Wenn er weg ist, habe ich null Bock, draußen was zu machen. Ich bin zu kaputt! Deshalb schaue ich fern, spiele Playstation. Ins Bett gehe ich um zehn.

Dienstag

Ein Horror-Tag: Er beginnt um 8 Uhr mit Physik und Mathe und Religion. Dann Geschichte: Ich halte mit einem Kollegen einen Vortrag über Pearl Harbour. Interessant. Aber zur Vorbereitung mussten wir uns dreimal am Nachmittag treffen. Mit Bio geht’s weiter, dann Chemie.

Von 13.10 bis 14.25 Uhr habe ich frei. Am Nachmittag Intensivierungsstunde in Mathe: Die brauchen alle, die mit dem Stoff nicht mitkommen. Wir sind 20 Leute. Um 15.15 Uhr ist Schluss. Zu Hause mache ich Hausaufgaben. Das dauert eine Stunde. Danach Fernsehen, Playstation.

Mittwoch

Um 8 Uhr Latein, dann Geschichte. Dann zwei Stunden Sport, Deutsch und Mathe. Um 14.25 Uhr ist Schluss. Nachmittags ein Highlight: Klavierunterricht um 16.30 Uhr. Das macht Spaß!

Donnerstag

Los geht’s um 8 Uhr mit dem Fach Wirtschaft. Das macht echt Spaß. Danach geht es weniger lustig weiter: Latein, Deutsch, Bio, Englisch, Chemie, Physik. Und dann auch noch eine Stunde Chemie- Intensivierung.

Um 15.15 Uhr gehe ich nach Hause, Aufgaben machen. Der Tag endet mit Computer-Spielen. Mama sagt oft, dass ich rausgehen soll oder ins Schwimmbad – aber ich habe zu wenig Zeit und keine Lust.

Freitag

Zum Glück habe ich nur sechs Stunden: Englisch, Mathe, Chemie, Wirtschaft, Reli, Kunst. Um 13.10 Uhr ist Schluss. Eine Menge Hausaufgaben stehen an, denn die Lehrer meinen, dass wir am Wochenende arbeiten müssen, um den Stoff zu schaffen.

40 Stunden habe ich pro Woche mit Schule zu tun. Das G8 finden alle in meiner Klasse doof. Die Perspektive: Das Abi bekommen wir mit den jetzigen Zehntklässlern, die noch das G9 haben. Ob da jeder einen Studienplatz bekommt?

Wenn es so weitergeht, muss mein Nachhilfelehrer öfter kommen. Ohne den würde ich mein Abi eh nie schaffen.“

Protokoll: Volker ter Haseborg

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