Hessen-SPD-Chef Schäfer-Gümbel im Interview: Seehofers und Söders Querelen belasten alle

Zwei Wochen nach den Bayern wählen auch die Hessen einen neuen Landtag. SPD-Kandidat ist zum dritten Mal Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel, der natü
Markus Lohmüller |
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Thorsten Schäfer-Gümbel führt die hessische SPD als Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 28. Oktober.
Thorsten Schäfer-Gümbel führt die hessische SPD als Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 28. Oktober. © dpa

Zwei Wochen nach den Bayern wählen auch die Hessen einen neuen Landtag. SPD-Kandidat ist zum dritten Mal Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel, der natürlich auch eine Meinung zur Politik der CSU hat. 

Der 48-Jährige Thorsten Schäfer-Gümbel ist Landes- und Fraktionschef der Hessen-SPD

AZ: Herr Schäfer-Gümbel, laut Umfragen landen viele Suchende nicht unbedingt bei der hessischen SPD. Ähnlich ergeht es Ihren Genossen in Bayern. Wie sehr führen Sie das auf die Krise der Bundes-SPD zurück?
THORSTEN SCHÄDER-GÜMBEL: Es gibt nur eine SPD. Ich halte nichts davon, sich von anderen Ebenen der Partei zu distanzieren. Am Ende geht es um eine Gemeinschaftsaufgabe. Deshalb ist es auch der Anspruch der hessischen SPD, am Erneuerungsprozess der Partei als Ganzes erkennbar mitzuwirken.

Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Arbeit der SPD in der neuen Bundesregierung?
Meine Kritik richtet sich nicht an die SPD-Vertreter. Es ist allgemein anerkannt, dass unsere Ministerinnen und Minister in der Bundesregierung wieder gute Arbeit machen. Das Problem ist, dass die Krise von CDU und CSU anhaltend die Bundesregierung beschäftigt und das negativ auf alle Beteiligten abstrahlt. Die Querelen von Horst Seehofer und Markus Söder sind eine Belastung für uns alle, für die Politik in Deutschland insgesamt.

Der Asylstreit ist befriedet, aber noch nicht beendet. Geht bald alles von vorne los, wenn es nicht zu den erhofften Migrationsabkommen mit anderen EU-Staaten kommt?
Es ist nicht ausgeschlossen, dass Horst Seehofer je nach Tageslaune erneut in eine Auseinandersetzung mit der Bundeskanzlerin geht. Leider weiß nie jemand, mit welchem Fuß er gerade aufgestanden ist. Das ist ein Dauerärgernis. Ich würde mich freuen, wenn Horst Seehofer die Energie, die er für den Asylstreit verwendet, etwa für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum aufbringen würde. Dann wären wir hier ein gutes Stückchen weiter.

Dienstpflicht? CDU will laut Schäfer-Gümbel ablenken

Was halten Sie von einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Leute, wie sie die CDU am Wochenende ins Gespräch gebracht hat?
Ich bin überrascht über den Vorstoß zum jetzigen Zeitpunkt. Mein Eindruck ist, dass die Debatte losgetreten wird, um von anderen Themen auch innerhalb der Union abzulenken. Dennoch bin ich ein großer Freund davon, gesellschaftliches Engagement über das freiwillige soziale oder ökologische Jahr konsequent zu stärken. Die Teilnahme an solchen Projekten ist eine Bereicherung für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft.

Und darüber hinaus ...
... gehöre ich zwar zu denen, die damals von der Aussetzung der Wehrpflicht nicht überzeugt waren. Damit vertrete ich in der SPD sicherlich eine Minderheitenposition. Aber man kann die Uhr nicht zurückdrehen. Trotzdem überzeugt mich die Forderung nach einer allgemeinen Dienstpflicht nicht. Zumal so eine Dienstpflicht für alle, also Frauen wie Männer, ignoriert, dass Frauen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach wie vor den größeren Beitrag leisten und dass sie unter anderem wegen der längeren Erziehungszeiten schlechter bezahlt werden als Männer.

Sahra Wagenknecht lädt zur Gründung einer linken Sammlungsbewegung ein. Haben Sie Interesse?
Die linke Sammlungsbewegung in unserem Land ist seit 1863 die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Diese befindet sich derzeit in einer zugegeben schwierigen Phase, aber sie ist und bleibt es. Außerdem finde ich die von Ressentiments durchzogenen Positionen von Frau Wagenknecht weder fortschrittlich noch emanzipatorisch.

Hat die SPD die Hoffnung auf linke Mehrheiten in Deutschland bereits aufgegeben?
Ich gebe es nie auf, an fortschrittlichen Mehrheiten zu arbeiten. Ganz im Gegenteil. Auch glaube ich, dass es nach Schwächephasen Stärkungen gibt. Schauen Sie nach Hessen: 2009 hat die SPD nach einer schweren politischen Krise bei der Landtagswahl nur 23,7 Prozent eingefahren. 2013 waren es dann 30,7 Prozent. Mit einer engagierten und attraktiven Politik lässt sich also vieles verändern. Die SPD muss deshalb erneut erkennbarer und klarer werden.

Etwa mit der Forderung nach bezahlbarem Wohnen in jedem Länderwahlkampf?
Das ist die Alltagsfrage Nummer eins. Sie bekommen keine Lohn- und Gehaltserhöhung, keine Rentenerhöhung durchgesetzt, welche die derzeitigen Mietpreisexplosionen abbildet. Deshalb braucht es eine starke Ergänzung durch den öffentlich geförderten Wohnungsbau.

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