Harte Strafen für Ungarns NSU

BUDAPEST Ihre Methode war perfide: Erst steckten sie die Häuser mit Molotowcocktails in Brand. Als dann die Bewohner rausliefen, um sich in Sicherheit zu bringen, warteten die Täter draußen mit Gewehren und erschossen sie. Fünf Roma sind bei der Anschlagsserie in Ungarn ermordet worden: Gestern wurden ihre rechtsradikalen Mörder zu harten Haftstrafen verurteilt. Ein Signal in einem Land, das in letzter Zeit immer weiter nach rechts gedriftet ist.
Die Brüder Arpad und Istvan Kiss sowie der dritte Hauptangeklagte Zsolt Peto wurden zu lebenslangen Haftstrafen wegen „rassistisch motivierter Verbrechen“ und Mord aus niederen Beweggründen verurteilt. Der vierte Angeklagte, Istvan Csontos, muss 13 Jahre hinter Gitter. Er war nach eigenen Angaben Fahrer der Gruppe und als einziger voll geständig.
Die vier hatten ihre Anschlagsserie von Juli 2008 bis August 2009 verübt. Sie suchten gezielt Roma-Dörfer auf und gingen nach immer dem gleichen Muster vor. So setzten sie in Tatarszentgyörgy bei Budapest das Haus einer jungen Familie in Brand. Der Familienvater (27) nahm den fünfjährigen Sohn auf einen Arm und die dreijährige Tochter auf den anderen und rannte aus dem Haus. Vater und Sohn starben im Kugelhagel der Neonazis, das Mädchen überlebte verletzt. In einem anderen Dorf erschossen sie eine Frau im Schlaf. Die Serie aus insgesamt neun Anschlägen wurde in Ungarn auch mit dem deutschen NSU-Terror verglichen: Rechtsradikale morden gezielt Mitglieder einer Minderheit.
Die vier sind bekennende Neonazis, allesamt Fans des Fußballklubs Debrecen. Einer war Soldat, wurde aber wegen einer psychischen Krankheit entlassen. Zwei waren Mitglied einer mittlerweile verbotenen rechtsradikalen Bürgerwehr. Auf Wunsch wurden sie während der Urteilsverlesung rausgeführt – sie wollten dem Richter nicht mehr zuhören. In Ungarn gibt es zudem Berichte über einen fünften Täter, der bisher nicht gefasst ist - und Verbindungen zum Geheimdienst haben soll.
Das harte Urteil gegen die Rechtsradikalen wurde aufmerksam registriert. Denn die nationalkonservative Regierung von Victor Orban lässt das Land immer weiter nach rechts rutschen. Die rechtsextreme Partei Jobbik (17 Prozent) treibt ihn mit radikalen Parolen vor sich her, Orbans Fidesz-Partei macht gern mit: Nicht zuletzt, um von der Schuldenkrise des Landes und der schwachen Wirtschaftslage abzulenken. Immer offener wird gegen Roma gehetzt, auch anti-jüdische Töne sind häufiger zu hören. Am Wochenende hatte eine Fidesz-Stadtverwaltung dem örtlichen Roma-Viertel sogar bei 37 Grad in Schatten das Wasser abgedreht. Schon lange versucht Orban, auch die Justiz in Griff zu kriegen – nicht immer mit großem Erfolg.