Habermas spricht sich für Verhandlungen im Ukraine-Krieg aus

"Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren" – diesem Satz stimmt der Philosoph zu. Dennoch mahnt er mit Blick auf Waffenlieferungen, die daraus resultierende Verantwortung nicht aus dem Auge zu verlieren.
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"Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis hat die Qualitätssteigerung unserer Waffenlieferungen eine Eigendynamik entwickelt", sagt der Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas.
"Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis hat die Qualitätssteigerung unserer Waffenlieferungen eine Eigendynamik entwickelt", sagt der Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas. © Arne Dedert/dpa

Berlin - Der Philosoph Jürgen Habermas hat sich mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für Verhandlungen ausgesprochen. Zwar leiste der Westen aus guten Gründen militärische Hilfe an die Ukraine, schrieb der 93-Jährige in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung".

Daraus erwachse aber auch Verantwortung. "Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis hat die Qualitätssteigerung unserer Waffenlieferungen eine Eigendynamik entwickelt, die uns mehr oder weniger unbemerkt über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg hinaustreiben könnte", warnte er.

Inzwischen tauchten kritische Stimmen auf, die auf ein Nachdenken über den schwierigen Weg zu Verhandlungen drängten. "Wenn ich mich diesen Stimmen anschließe, dann gerade weil der Satz richtig ist: Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren", schrieb Habermas, der einräumte, dass es derzeit keine Anzeichen dafür gebe, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin auf Verhandlungen einlassen werde.

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Kernproblem ist laut Habermas unklare Zielsetzung

Ihm gehe es um den vorbeugenden Charakter rechtzeitiger Verhandlungen. Diese verhinderten, dass ein langer Krieg noch mehr Menschenleben und Zerstörungen fordert - "und uns am Ende vor eine ausweglose Wahl stellt: entweder aktiv in den Krieg einzugreifen oder, um nicht den Ersten Weltkrieg unter nuklear bewaffneten Mächten auszulösen, die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen."

Habermas nannte es ein Kernproblem der Debatte, dass die Ziele der Ukraine und ihrer Unterstützer unklar seien. "Ist es das Ziel unserer Waffenlieferungen, dass die Ukraine den Krieg „nicht verlieren“ darf, oder zielen diese nicht vielmehr auf einen „Sieg“ über Russland?"

Der Philosoph hatte bereits im vergangenen April in einem vielbeachteten Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" zur Besonnenheit gemahnt.

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  • Der wahre tscharlie am 15.02.2023 16:54 Uhr / Bewertung:

    "Ist es das Ziel unserer Waffenlieferungen, dass die Ukraine den Krieg „nicht verlieren“ darf, oder zielen diese nicht vielmehr auf einen „Sieg“ über Russland?"

    Eine berechtigte Frage.
    Denn letztendlich wird es Frieden nur über Verhandlungen geben. Deshalb finde ich es absolut falsch, dass Putin oder Lawrow nicht zur SIKO eingeladen wurden. Angebl., weil sie das Forum zu Propaganda missbrauchen könnten. Diese Propaganda findet doch sowieso schon täglich statt.

    Aber wenn man nicht mehr miteinander redet, so schwierig das auch sein mag, wohin soll das führen? Nur noch die Waffen sprechen lassen? Als Zeichen seiner Sprachlosigkeit? Unabhängig davon, dass sich die ganzen Rüstungskonzerne dumm und dämlich verdienen.

    Wenn der Krieg vorbei ist, wird man wieder Geschäfte mit Rußland machen. Ob unter Putin oder nicht, lass ich mal dahin gestellt.
    Momentan seh ich aber keine Basis, auf der Putin und Selenskyi miteinander reden könnten.

  • Dr. Right am 15.02.2023 12:22 Uhr / Bewertung:

    Ein wesentliches Problem wird sein, dass Russland Donezk und Luhansk annektiert aber nicht erobert hat. Die Regionen gehören also nach russischer Vorstellung zu Russland. Ein Verhandlungsfriede würde aus russischer Sicht demnach zu einer Aufgabe von russischem Staatsgebiet führen. Oder die Ukraine müsste ihr Staatsgebiet kampflos den russischen Truppen herausgeben. Beides unwahrscheinlich.

  • Wolff am 15.02.2023 12:15 Uhr / Bewertung:

    Was für ein Wichtigtuer. Sagt selber, dass auf der russichen Seite keine Verhandlungsbereitschaft besteht, spricht sich aber für Verhandlungen aus. Gaaaanz toll! Alle diese Schlaumeier können ja gerne versuchen, einen Frieden auszuhandeln.

    Wer gegen Waffenlieferungen ist, sollte sich klar machen, dass die Ukrainer dann halt am Ende mit dem Küchenmesser kämpfen. Das rettet natürlich enorm viele Leben...

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