H1N1-Vorzugsbehandlung für die Regierung

Die ohnehin umstrittene Impfung gegen die Schweinegrippe sorgt für neue Diskussionen: Teile der Gesellschaft bekommen einen anderen Impfstoff als Millonen Versicherte. Viele Ärzte warnen ihre Patienten vor der Teilnahme an der Vorsorgemaßnahme.
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Jetzt gibt es eine Spritze gegen die Schweinegrippe, doch die Impfbereitschaft in der Bevölkerung sinkt immer weiter.
ap Jetzt gibt es eine Spritze gegen die Schweinegrippe, doch die Impfbereitschaft in der Bevölkerung sinkt immer weiter.

Die ohnehin umstrittene Impfung gegen die Schweinegrippe sorgt für neue Diskussionen: Teile der Gesellschaft bekommen einen anderen Impfstoff als Millonen Versicherte. Viele Ärzte warnen ihre Patienten vor der Teilnahme an der Vorsorgemaßnahme.

Sonderbehandlung für die Politik: Die Kanzlerin, die Mitglieder ihres Kabinetts und Beamte der Ministerien sowie nachgeordneter Behörden sollen mit einem Impfstoff ohne Verstärker vor Schweinegrippe geschützt werden. «Wir haben 200.000 Dosen des nicht-adjuvantierten Impfstoffes Celvapan der Firma Baxter gekauft», sagte Christoph Hübner, Sprecher des Bundesinnenministeriums, dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» laut Vorabbericht. Auch die Bundeswehr soll einen Impfstoff ohne Zusatz- und Konservierungsstoffe bekommen. Anders als das Präparat von GlaxoSmithKline (GSK), das ab dieser Woche in 50 Millionen Dosen für die Bevölkerung ausgegeben wird, enthält der Baxter-Impfstoff keinen Wirkverstärker (»Adjuvans») und wird den für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zuständigen Staatsdienern gespritzt. Dazu zählen auch die Mitarbeiter des für die Impfstoffzulassung zuständigen Paul-Ehrlich- Instituts, das vergangene Woche wiederholt seine Entscheidung verteidigt hat, der Bevölkerung die GSK-Vakzine zu beschaffen.

«Behörden sind auf Kampagne reingefallen»

Für den Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, ist das «ein Skandal», der den Menschen kaum zu vermitteln sei. «Wir sind unglücklich über diese Impfkampagne», sagte Ludwig. Sie werfe zahlreiche Probleme auf, ihr Nutzen sei ungewiss: «Die Gesundheitsbehörden sind auf eine Kampagne der Pharmakonzerne hereingefallen, die mit einer vermeintlichen Bedrohung schlichtweg Geld verdienen wollten.» Weil der GSK-Impfstoff nicht an Schwangeren getestet wurde, muss auch für sie kurzfristig nicht-adjuvantierter Impfstoff besorgt werden. Der zuständige Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Klaus Theo Schröder, sagte dem Magazin: «Es laufen derzeit Gespräche mit Herstellern sowie den Gesundheitsministerien in Frankreich und den USA, mit dem Ziel, für Schwangere auch nicht-adjuvantierten Impfstoff zu beschaffen.»

«Schadensrisiko überwiegt den Nutzen»

Offene Rebellion herrscht laut «Spiegel» unter Allgemeinmedizinern und Kinderärzten. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Michael Kochen, rät den deutschen Hausärzten von der Impfung ab. «Das Schadensrisiko überwiegt den Nutzen», sagte der Göttinger Professor. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, wirft der Bundesregierung «wissenschaftliche Falschaussagen» vor. Wie bei Schwangeren so gelte auch für Kinder unter drei Jahren: «Der Impfstoff ist an ihnen noch überhaupt nicht getestet, deshalb ist das Risiko einfach zu groß, ihn jetzt bedenkenlos einzusetzen.» Kinder hätten ein Immunsystem, das zu Überreaktionen neige. Genau die aber könnten durch den Zusatz von Wirkverstärkern ausgelöst werden. Zusätzlich sei dem Impfstoff auch noch ein Quecksilber-haltiger Konservierungsstoff beigefügt. «Das Zeug hat man in heutigen Impfstoffen für Kleinkinder bewusst herausgehalten», sagte Hartmann.

Drei Impfstoffe in der EU zugelassen

In der EU sind bislang drei Impfstoffe gegen die Schweinegrippe oder Neue Grippe (H1N1) zugelassen: Focetria, Pandemrix und Celvapan. Focetria und Pandemrix enthalten verstärkende Zusatzstoffe, sogenannte Adjuvanzien. Allerdings kommt Celvapan nur deshalb ohne die umstrittenen Verstärker aus, weil es eine größere Konzentration an inaktivierten Schweinegrippe-Viren enthält als die beiden anderen Impfstoffe. (AP)

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