Glücksritterpolitik
Der Doktor hat seinen Titel zurückgegeben, das geneigte Publikum erfreut sich schon wieder an seinen gutsherrenartigen Späßen, und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel findet’s rundum in Ordnung: Ist jetzt alles wieder gut mit unserem ach so geliebten Karl-Theodor zu Guttenberg?
Nichts ist gut. Durch sein Verhalten in der Schummelaffäre hat der Minister für jeden, der es sehen will, bewiesen, was man schon länger vermutete: Ihm geht der Schein über das Sein, ihm geht die Show über das seriöse Fach.
Die Chuzpe, mit der „KT“ nun seinen Doktortitel „zurückgibt“, um damit in einem Akt präventiver Notwehr dem sicheren Entzug zuvorzukommen, mag man unter schauspielerischen Aspekten bewundern. In der Sache ist der Vorgang verheerend. Wenn Guttenberg mit dieser Nummer durchkommt, ist die Botschaft klar: Wer trickst, wird belohnt. Dreist sein zahlt sich aus. Wer heute das Gegenteil von gestern sagt und das auch noch als Geradlinigkeit verkauft, kommt damit durch.
Wenn das die neue politische Kultur von Berlin ist, dann gute Nacht, Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Argument, sie habe schließlich keinen Doktoranden gewollt, sondern einen guten Minister, ist ihrer Geistesstärke unwürdig. Die Kanzlerin ist damit schon auf dem Guttenbergschen Glücksritterniveau angekommen.
Davon muss sie sich befreien. Sonst reißt Guttenberg sie das nächste Mal mit in die Tiefe.
Frank Müller ist Politikchef der Abendzeitung
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- Karl-Theodor zu Guttenberg