Kommentar

Gescheiterter Prigoschin-Putsch in Russland: Lukaschenko ist der lachende Dritte

Alexander Lukaschenko hat möglicherweise Kremlchef Jewgeni Prigoschin zur Umkehr überredet und damit Wladimir Putin zum Machterhalt verholfen.
von  Natalie Kettinger
Der russische Präsident Wladimir Putin und sein belarussischer Kollege Alexander Lukaschenko (r.).
Der russische Präsident Wladimir Putin und sein belarussischer Kollege Alexander Lukaschenko (r.). © AFP

Nun stehen sie beide als Verlierer da: Wladimir Putin, dessen Machtapparat offensichtlich nicht in der Lage war, das Vorrücken einer marodierenden Söldnertruppe zu stoppen, die zu großen Teilen aus ehemaligen Strafgefangenen besteht. Aber auch deren unberechenbarer Chef Jewgeni Prigoschin, der untergetaucht und wohl auf dem Weg ins belarussische Exil ist.

Ein Dritter hingegen dürfte sich ins Fäustchen lachen: der Autokrat von Minsk, Alexander Lukaschenko. Niemand weiß, ob wirklich er es war, der Prigoschin zur Umkehr überredet hat – trotzdem streicht er die Meriten dafür ein.

Lukaschenko braucht Putin, um die Proteste in Belarus zu unterdrücken

Auch, wenn er gemeinhin als Vasall Moskaus gilt, darf man nicht vergessen, dass sich Lukaschenko immer wieder gegen Putin gestellt hat: Jahrelang sträubte er sich gegen die Idee eines Unionsstaates, der Belarus noch enger an Russland bindet. Die Annexion der Krim 2014 erkannte er widerstrebend erst 2021 an.

Beide Zugeständnisse machte er in einem Moment, in dem seine Macht zu schwinden drohte: Nach der Präsidentschaftswahl 2020 gingen Zehntausende Belarussen monatelang auf die Straßen. Weil er die Demonstrationen brutal niederschlagen ließ, verhängte die Weltgemeinschaft empfindliche Sanktionen. Lukaschenko brauchte Putin - wirtschaftlich und vor allem seine Sicherheitskräfte, die dabei halfen, die Proteste in Belarus zu unterdrücken.

In Russland und Belarus unerwünscht: Was wird aus Jewgeni Prigoschin?

Nun könnte man also sagen: Die beiden sind quitt. Jeder hat dem anderen ein Mal zum Machterhalt verholfen, Lukaschenkos Position ist gestärkt – passt! Die Frage ist nur: wie lange? Die Belarussen wollen den Wagner-Boss nicht im Land haben. Zu groß ist die Angst, noch tiefer in den Angriffskrieg auf die Ukraine hineingezogen zu werden.

Doch was geschieht, wenn die Menschen in Belarus erneut in Scharen auf die Straße gehen? Auf den geschwächten Kreml-Herrscher könnte der Autokrat von Minsk diesmal wohl nicht setzen - und die Menschen in Russland könnten sich vom Protest im kleinen Nachbarland ermutigt fühlen.

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