Gegen den Generalverdacht
Der Vorschlag, deutsche Polizisten mit Körperkameras auszustatten, war am Freitag gerade einmal wenige Stunden (wieder) in der Welt, da gab es bereits tausende Kommentare in den Sozialen Netzwerken und auf den Internetseiten von Tageszeitungen. Wer die Beiträge liest, kann den Eindruck gewinnen, Deutschland sei eine Art Polizeistaat, in dem die Beamten nichts anderes zu tun haben als pausenlos die Bürger zu drangsalieren.
Sicher: Es gibt, auch in München, immer wieder Einzelfälle, in denen sie ihre Macht missbraucht haben. Und fast jeder hat sich wohl schon einmal über den manchmal unangemessenen Tonfall während einer "allgemeinen Verkehrskontrolle" aufgeregt.
Dennoch: Der Generalverdacht, dem die Polizisten inzwischen ausgesetzt sind, ist schwer erträglich und auch ungerecht.
Doch vielleicht ist gerade deshalb eine versuchsweise Anwendung von Körperkameras in so genannten "Brennpunkten" sinnvoll.
Sie lassen sich nämlich auch umgekehrt interpretieren: als Selbstschutz; zur Dokumentation der Beleidigungen und Angriffe, die Polizisten inzwischen immer häufiger erfahren.
Es ist fast schon ein Wunder, dass gerade die jungen Beamten in Deutschland so ruhig bleiben, wenn sie als "Bullenschweine" und "Hurensöhne" verunglimpft, provoziert und sogar körperlich attackiert werden. Fast jeder Polizist erlebt solche Situationen mehrmals in der Woche.
Günstigstenfalls gehen durch das Instrument der Körperkamera nicht nur die seltenen Angriffe durch sie, sondern auch die weit häufigeren auf sie zurück.
Wie auch immer die Debatte endet: Diese Berufsgruppe, die jeden Tag für andere Menschen ihr Leben riskiert, hat die Verachtung, die ihr stellenweise entgegenschlägt, nicht verdient. Sondern etwas anderes, das man erwarten, aber auch entgegenbringen kann: Respekt.
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