Gauck entschuldigt sich im Namen Deutschlands

Bundespräsident Gauck muss in Griechenland einen „schweren Gang“ absolvieren
Athen - Auch 69 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs spürt Deutschland die Last der Vergangenheit. Am dritten und letzten Tag seines Staatsbesuchs in Griechenland hat Bundespräsident Joachim Gauck am Freitag das nordwestgriechische Dorf Lyngiades besucht, in dem die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg 92 Zivilisten umgebracht hat, darunter Frauen und Kinder.
Gauck legte am Mahnmal einen Kranz nieder und sagte: „Mit Scham und Schmerz bitte ich im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung. Ich verneige mich vor den Opfern der ungeheuren Verbrechen.“ Er wolle „aussprechen, was Täter und viele politische Verantwortliche der Nachkriegszeit nicht aussprechen wollten: Das, was geschehen ist, war brutales Unrecht.“ Versäumte Sätze begründeten eine zweite Schuld, da sie „die Opfer sogar noch aus der Erinnerung verbannen“.
Bei seinem Besuch wurde Gauck von Griechenlands Präsident Karolos Papoulias begleitet. Der heute 84-Jährige hatte in seiner Jugend als Partisan gegen die deutschen Besatzer gekämpft. „Und doch haben Sie den Deutschen die Hand gereicht“, sagte Gauck. Dafür sei er „zutiefst dankbar“. Damit bekannte sich Gauck deutlich und eindrucksvoll zur moralischen Schuld Deutschlands. Ungelöst bleibt allerdings die Frage nach Entschädigung für den griechischen Staat und die Hinterbliebenen, denn das Massaker in Lyngiades war nicht das einzige.
Immer wieder spielt in diesem Streit auch die Frustration der Griechen über die derzeitige Rollenverteilung eine Rolle: die Griechen als unartige Kinder, die Deutschen als strenge Eltern. Doch hatten die deutschen Besatzer im 2. Weltkrieg Griechen und Juden nicht nur ihr Leben geraubt – auch viel Geld. Den Besuch in dem Dorf bezeichnete Gauck im Vorfeld daher als „schweren Gang“.
Anschließend wollte der Bundespräsident die Synagoge in der Provinzhauptstadt Ioannina besuchen und Holocaust-Überlebende treffen. Die Diskussion über deutsche Reparationen für Kriegsverbrechen ist für die griechische Politik und Medien noch nicht ausgestanden. Deutschland beharrt dagegen darauf, nach einer Zahlung über 115 Millionen Mark 1960 und dem 2+4-Abkommen wären die Ansprüche abgegolten.