Gaddafis pralle Kriegskasse
Noch immer sprudeln die Petrodollars, mit denen der Diktator den Krieg gegen das eigene Volk finanzieren kann. Auch in Deutschland hat er 400 Tankstellen und in Hamburg eine Raffiniere.
München Sanktionen sollen Muammar al- Gaddafi stoppen. Doch der Diktator schwimmt im Geld, und es fließen immer noch Petrodollars ins Bürgerkriegsland. Allein in den letzten beiden Wochen seit Beginn der Kämpfe waren das umgerechnet 551 Millionen Euro – Geld, mit dem sich noch Jahre Söldner gegen das eigene Volk zahlen lassen.
Libyen, einer der größten Rohölexporteure der WEelt, hat nach Informationen der „Financial Times” in der letzten Februarwoche 570000 Barrel Öl (à 159 Liter) exportiert. In der ersten März-Woche waren es etwas weniger, aber die Erlöse gehen über die libysche Staatsbank direkt in die Verfügungsgewalt des Staatschefs und seiner Söhne. Das System Gaddafi ist total auf ihn und seine Getreuen zugeschnitten, die Sanktionen betreffen die Staatsbank nicht, schreibt das Blatt.
Die Millionen reichen als Schmierstoff für den Krieg gegen sein Volk. Aber sie sind Peanuts gegen die Milliarden, den Libyens Ölreichtum in die Kassen des Herrscher-Clans gespült hat. Exil-Libyer schätzen Gaddafis Vermögenswerte auf 150 Milliarden, Ägyptens gestürzter Präsident Mubarak nimmt sich mit seinen 40 Milliarden dagegen wie ein armer Schlucker aus.
Allein 107 Milliarden Dollar an Devisenreserven hat Libyen, nur zwölf Länder der Welt haben mehr. Das Geld steckt in einem Staatsfonds (70 Milliarden) und mehreren Beteiligungen.
Seit 2006, als die USA Libyen von der Liste der „Schurkenstaaten” nahm, die Terroristen unterstützen, begann im Westen ein heftiges Buhlen um Gaddafis Milliarden. Der Herrscher ließ sich nicht lange bitten.
Seine Petrodollars sind mittlerweile bei den feinsten Adressen der europäischen Wirtschafts-, Finanz- und Sportwelt geparkt – auch in Deutschland.
400 Tamoil- und HEM-Tankstellen gibt es in Deutschland. Sie gehört zu 100 Prozent der Tamoil-Holding. Die hat europaweit 3000 Tankstellen und drei Raffinerien (davon eine in Hamburg) zusammengekauft. „Wir sind ein deutsches Unternehmen”, sagt eine Tamoil-Sprecherin der Financial Times Deutschland. „Mit der libyschen Mutter „haben wir gar nicht so viel zu tun”. Aber die Holding gehört dem Staatsfonds, 95 Prozent der Lieferungen kommt aus Libyen. Auch in München, an der Grünwalder Straße, gibt es eine HEM-Station.
Gaddafi-Geld steckt auch in der Unicredit, der Großbank, die sich die Hypovereinsbank einverleibt hat. „Wir beobachten die Situation”, sagt ein Unicredit-Sprecher. Mit seinem Anteil von rund sieben Prozent hat Gaddafi keinen Einfluss aufs laufende Geschäft.
So argumentiert auch Andreas Agnelli, Vorstandschef von Juventus Turin. Am italienischen Traditionsclub hat der Clan sieben Prozent Anteile.
Drei Prozent hält die Gaddafi-Holding am britischen Pressehaus Pearson, das den „Economist” herausgibt und die „Financial Times”. Die deckt die Vermögensverflechtungen des Clans besonders aggressiv auf, als wollte sie beweisen, dass der Clan keinen Einfluss hat. Pearson hat die Anteile eingefroren und wird auch keine Dividende zahlen.
Dennoch wird sich Gaddafis Kriegskasse nicht so schnell leeren. Aus der Zeit bis 2006, als Libyen noch als Terrorsponsor unter Sanktionen litt, haben Gaddafis Leute gelernt: Der Löwenanteil der Petro-Milliarden dürfte noch immer im Land sein. Und den Krieg weiter anheizen.
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