Festnahmen vor 25. Jahrestag des Massakers in Peking

Vor dem 25. Jahrestag des Pekinger Massakers sind in China mehr als 60 Kritiker festgenommen, unter Hausarrest gestellt, verhört oder eingeschüchtert worden.
dpa |
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Peking - Die Menschenrechtsgruppe Chinese Human Rights Defenders (CHRD) bestätigte bis Montag allein 36 Festnahmen und eine Verhaftung.

Massiver Druck wird auch auf ausländische Journalisten in China ausgeübt, die gegen "wachsende Belästigung und Einschüchterung" protestierten. Der Auslandskorrespondentenclub (FCCC) zeigte sich in einer Erklärung in Peking "tief besorgt", dass die Polizei ausländische Journalisten und ihre chinesischen Mitarbeiter einbestellt, verhört und verwarnt habe.

Mit einer "beispiellosen Verfolgungswelle", so Menschenrechtsgruppen, gehen die Behörden schon seit zwei Monaten gegen Dissidenten, Bürgerrechtsanwälte, Journalisten, Aktivisten und Angehörige von Opfern vor, die an den brutalen Militäreinsatz 1989 gegen friedlich demonstrierende Studenten und andere Bürger erinnern wollen. Damals kamen einige hundert Menschen ums Leben. Landesweit wurden Tausende festgenommen.

Einigen Journalisten seien "ernste Konsequenzen" und der Entzug der Arbeitserlaubnis angedroht worden, berichtete die Journalistenvereinigung. Sie warf den Behörden eine Verletzung der seit Olympia 2008 in Peking geltenden Regeln für Korrespondenten vor, wonach außer der Einwilligung der Gesprächspartner eigentlich keine weitere Genehmigung für Interviews mehr nötig sei. Der Club dokumentierte mehrere Zwischenfälle, wo Berichterstattung verhindert und Journalisten stundenlang verhört worden seien.

"Sie sprechen über ein heikles Thema", sagte ein Polizist demnach einer TV-Journalistin, die Passanten über den 4. Juni 1989 befragen wollte. "Sie wissen, dass es ein brenzliges Thema ist und die Regierung will nicht, dass die Leute darüber sprechen." Auf die Frage der Journalisten, gegen welches Gesetz sie denn verstoßen habe, entgegnete der Polizist: "Es ist keine Frage des Rechts. Es geht hier um die Kultur. Die Kultur steht über dem Recht." Am nächsten Tag wurde dem TV-Team "Störung der öffentlichen Ordnung" vorgeworfen und im Wiederholungsfall der Entzug der Akkreditierung angedroht.

In elf Städten und Provinzen dokumentierte Chinese Human Rights Defenders mehrere Dutzend Fälle von Festnahmen, Hausarrest und Belästigung durch die Behörden, mit denen ein Gedenken an die Opfer verhindert werden solle. Nach Berichten seien einige in Gewahrsam misshandelt worden. Ihnen seien dringend notwendige Medikamente oder Besuche durch Anwälte verweigert worden. Auch berichtete CHRD, dass einige Inhaftierte körperlich angegriffen oder verbal eingeschüchtert worden seien.

Laut Hongkonger Medienberichten wurde auch der Bürgerrechtler Bao Tong festgesetzt. Der frühere Sekretär des 1989 gestürzten reformerischen Parteichefs Zhao Ziyang sei aus seiner Pekinger Wohnung verschwunden, wo er ohnehin unter ständiger Beobachtung stand.

Amnesty International nannte das Vorgehen vor dem 4. Juni "rigoroser als in den Vorjahren". Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen sprach von einem "amtlich verordneten Gedächtnisverlust". Die brutale Niederschlagung der Demokratiebewegung sei "ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit" gewesen. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Asien-Experte Ulrich Delius.

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