Fahrtauglichkeit von Senioren: Alle fünf Jahre zum Check?

Ein EU-Vorstoß sorgt bei älteren Autofahrern für Aufregung: Wer über 70 ist, dem könnte bald eine regelmäßige Überprüfung drohen.
Natalie Kettinger
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Der ADAC lehnt die geplanten Maßnahmen ab. (Symbolbild)
Der ADAC lehnt die geplanten Maßnahmen ab. (Symbolbild) © imago/Jochen Tack

In der Schweiz müssen Menschen, die älter als 70 Jahre sind, eine Kontrolluntersuchung bestehen, um weiter Autofahren zu dürfen. In Spanien muss, wer über 65 ist, alle fünf Jahre zum Fahrtauglichkeits-Check. Und in Dänemark benötigen alle ab 75 ein ärztliches Attest, um sich weiterhin ans Steuer setzen zu dürfen. Über-80-Jährige sind dort gar verpflichtet, den Führerschein völlig neu zu machen.

Europäische Union plant Führerschein-Reform

In Deutschland hingegen hat der Pkw-"Lappen" kein Verfallsdatum, auch Tests für Senioren sind nicht gesetzlich vorgeschrieben - doch das könnte sich ändern. Laut ADAC plant die Europäische Union nämlich eine Führerschein-Reform, um die Zahl der Verkehrstoten zu senken.

In dem entsprechenden Gesetzentwurf stehe, "dass Rentnerinnen und Rentner alle fünf Jahre zum Fahrtauglichkeits-Check sollen", schlägt der Automobilclub Alarm.

ADAC: Englische Fassung des Gesetzentwurfs "lässt Raum für Interpretationen"

Im Jahr 2022 starben in der EU rund 20.600 Menschen im Straßenverkehr. Daher sei geplant, in allen Mitgliedsstaaten eine Verkehrstauglichkeitsüberprüfung einzuführen, und zwar für Seniorinnen und Senioren über 70 Jahre.

Sie müssten dann - laut ADAC "möglicherweise" regelmäßig - einen entsprechenden Test absolvieren. Ob das auch in Deutschland umgesetzt werde und wie ein derartiger Check aussehen könnte, sei jedoch noch unklar. "Das Problem ist: Bisher existiert nur eine englische Fassung. Sie lässt Raum für Interpretationen", teilt der Verband mit.

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Die Auto-Lobbyisten sind, wenig verwunderlich, nicht gerade begeistert von dem Vorstoß aus Brüssel. Bei Pkw- und Motorrad-Fahrerlaubnissen könne die Führerscheinbehörde schon jetzt in begründeten Fällen eine Überprüfung anordnen, argumentieren sie. Dieses anlassbezogene Test-System sei ausreichend, zumal es für eine Überprüfung auch andere Auslöser als das Alter geben könne. So könnten sich etwa Krankheiten oder die Einnahme von Medikamenten negativ auf die Verkehrssicherheit auswirken - und das gelte für alle Altersgruppen.

ADAC findet die Regelung nicht verhältnismäßig

Das Fazit des Verkehrsclubs fällt daher eindeutig aus: "Zwar kann es mit zunehmendem Alter zu Leistungseinbußen kommen, dennoch ist das Unfallrisiko älterer Kraftfahrer nicht außergewöhnlich hoch. Daher lehnt der ADAC die geplanten Maßnahmen, die sich auf ein bestimmtes Alter beziehen, ab."

Eine solche Regelung sei schlicht nicht verhältnismäßig, da sich gerade betagtere Verkehrsteilnehmer in der Regel durch einen situationsangepassten Stil sowie vorausschauendes Fahren auszeichneten und riskante Manöver mieden. Dieses defensive Fahren würde bei den bisher entwickelten Tests zu wenig berücksichtigt. Das wiederum könne dazu führen, "dass geeignete Fahrende irrtümlich als ungeeignet eingestuft werden", warnt der ADAC. Ein positives Testergebnis könne hingegen dazu verleiten, die eigenen Fähigkeiten weit über den Testzeitraum hinaus zu überschätzen.

Die Freien Wähler halten ebenfalls wenig von der EU-Initiative. "Die Idee ist nicht neu: Immer wieder kommt aus Brüssel der Vorschlag, den Erwerb des Führerscheins ‚auf Zeit' zu regeln", sagt Tobias Gotthardt, Vorsitzender des Europaausschusses im Bayerischen Landtag und europapolitischer Sprecher der Landtagsfraktion. "Mal ganz abgesehen vom bürokratischen und finanziellen Aufwand halte ich das weiterhin für den falschen Ansatz. Und das wiederholte Einbringen macht ihn nicht besser." Alter allein mache einen Menschen nicht zum schlechten Fahrer. Der Führerschein-Entzug im anlassbezogenen Einzelfall funktioniere und sei eindeutig der bessere Weg, findet auch Gotthardt.

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22 Kommentare
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  • Bongo am 13.03.2023 09:08 Uhr / Bewertung:

    Die schweren Unfälle verursachen doch in der Regel nicht die alten Autofahrer, sondern jüngere Raser. Man kann doch nicht einen Unfall mit Blechschaden, den ein älterer Autofahrer z..B aus Ausparken vor demSupermarkt (passiert bei uns häufig) verursacht mit dem Raserunfall, bei dem es oft Tote und Schwerverletzte gibt, miteinander vergleichen. Die Unfallstatistik tut das aber!

  • Der wahre tscharlie am 13.03.2023 15:17 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bongo

    ".....sondern jüngere Raser. "

    Jüngere pauschal als Raser darzustellen, ist schon mal falsch.
    In der Untersuchung des Polizeipräsidiums Unterfranken heißt es u.a., Zitat : "So endet manche Fahrt wegen mangelnder Fahrpraxis am Steuer, verbunden mit einer Überschätzung des eigenen
    Könnens, abrupt."

    Auch passieren die meisten Unfälle auf Gemeindestrassen. Alles nachzulesen in der "Verkehrsunfallstatistik 2020".

  • Bongo am 13.03.2023 18:39 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Natürlich passieren die meisten PKW- Unfälle auf den Landstraße/Gemeindestrassen und warum, weil junge Fahrer oder Fahranfänger zu schnell fahren und dann von der Fahrbahn abkommen oder noch schlimmer, auf die Gegenfahrbahn geraten.

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