Fahndung nach mehr als hundert Rechtsextremisten
Mehr als 100 untergetauchte Rechtsextremisten sind derzeit zur Fahndung ausgeschrieben. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.
Berlin - Im Januar wurden noch 160 gesucht. Mittlerweile seien aber 46 gefasst worden.
Die Frage, wie viele Rechtsextremisten überhaupt von den Behörden gesucht werden, war im Zusammenhang mit der Zwickauer Zelle aufgekommen. Die drei Rechtsterroristen lebten jahrelang im Untergrund und verübten nach bisherigen Erkenntnissen zehn Morde.
Bei 50 der ursprünglich 160 Gesuchten war der Haftbefehl wegen mindestens einer politisch motivierten Straftat erlassen worden. Der Großteil der Verdächtigen, die den Behörden als Rechtsextremisten bekannt sind, wird aber wegen "sonstiger Kriminalität" gesucht - etwa wegen Betrugs, Drogendelikten oder Diebstahls. Die meisten der im Januar gemeldeten Haftbefehle kamen von den westdeutschen Flächenländern - darunter 37 aus Bayern sowie je 29 aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Gegen sieben Personen wird derzeit auch international gefahndet.
Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke bekräftigte ihre Kritik an der Statistik. Dass nur 50 der 160 Rechtsextremisten ausdrücklich wegen politisch motivierter Straftaten gesucht würden, sei "extrem fragwürdig". Jelpke verwies auf einen vom Ministerium aufgeführten Fall in Bayern, bei dem der Täter ein Opfer türkischer Herkunft mit beiden Händen gewürgt und danach mit den Worten beleidigt habe: "So was wie Ihr gehört vergast!" Die Tat sei in der Statistik nicht unter politisch motiviert, sondern als sonstige Kriminalität einsortiert.
Auch eine Reihe von Fällen, bei denen Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet wurden, liefen in der Statistik unter sonstiger Kriminalität, "obwohl der rechtsextreme Hintergrund offenkundig ist", kritisierte Jelpke. "Offenbar sind die Sicherheitsbehörden in Deutschland auf dem rechten Auge noch blinder als befürchtet." Jelpke erneuerte die Forderung der Linkspartei nach einer unabhängigen Beobachtungsstelle gegen rechte Gewalt.