EZB dreht Geldhahn auf

Leitzins sinkt erneut. Rekordinflation 2008, aber jetzt purzeln im Einzelhandel die Preise
von  Abendzeitung
Preise rauf, Preise runter: 2008 mussten die Verbraucher mehr fürs Essen zahlen – jetzt wird’s billiger.Vario
Preise rauf, Preise runter: 2008 mussten die Verbraucher mehr fürs Essen zahlen – jetzt wird’s billiger.Vario © az

Leitzins sinkt erneut. Rekordinflation 2008, aber jetzt purzeln im Einzelhandel die Preise

FRANKFURT/MAIN In Amerika und in Japan können sich die Kreditinstitute schon zum Nulltarif Geld von den Zentralbanken holen, auch in Europa wird das Geld immer billiger. Gestern senkte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 2,0 Prozent – ein „dringend notwendiger Schritt“, so Ökonom Martin Hüfner zur AZ.

Schon im Dezember hatte die Notenbank den Leitzins um 75 Basispunkte gesenkt, der größte Zinsschritt in ihrer zehnjährigen Geschichte. Zuvor hatte sie im Oktober und November den Zins um je 0,5 Punkte nach unten genommen. Aber angesichts der Rekord-Niedrigzinsen in anderen Ländern bleibt der EZB praktisch gar nichts anderes übrig, als ihre Politik des billigen Geldes fortzusetzen, sagte Hüfner. Zudem müsse alles getan werden, um den Konsum anzukurbeln und die Firmen mit Geld zu versorgen.

Die Unternehmen klagen freilich, das Geld der Notenbanken komme nicht bei ihnen an, weil die Banken immer noch mit Krediten geizten. Die Kreditklemme trifft aber vor allem Großunternehmen wie BMW, berichtet Hüfner. „Für den Mittelstand sieht es wesentlich besser aus.“ Die Sparkassen und Volksbanken hätten genügend Geld, das sie an die Firmen verleihen könnten.

Auch der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, glaubt nicht so recht an eine Kreditklemme. Er verwies gestern auf die gute Gewinnlage der Unternehmen. Viele hätten „mehr eigene Mittel“, aus denen sie investieren könnten, sagte er.

Pumpen die Notenbanken viel Geld in die Märkte, steigen in der Tendenz auch die Preise – und das, nachdem die Inflation 2008 mit 2,6 Prozent so hoch war wie seit 14 Jahren nicht mehr. Allerdings war der Anstieg vor allem dem zeitweise hohen Ölpreis und den Lebensmittelpreisen geschuldet. In beiden Bereichen müssen die Kunden mittlerweile weniger zahlen. „Der niedrige Sprit- und Ölpreis bringt der Wirtschaft zurzeit womöglich mehr als das Konjunkturpaket“, mutmaßt Hüfner.

Bei den Lebensmitteln können die Verbraucher auf weitere Billigrunden hoffen. So haben Lidl, Rewe und Tengelmann, Plus, Penny und Edeka am Donnerstag bei zahlreichen Artikeln die Preise gesenkt. Zum Beispiel wurde Kaffee um 30 Prozent günstiger. Weitere Ketten dürften mit Billig-Aktionen folgen. sun

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