Ex-Priester und Ex-Nonne: „Liebe kommt von Gott“
Wolfgang und Sieglinde Dettenkofer gelobten einst Ehelosigkeit – und sind nun verheiratet.
Wenn Wolfgang Dettenkofer Geschichten hört wie die von Michael Sell, dann freut er sich über den Zuspruch, den der Pfarrer von seiner Gemeinde bekommen hat. Als er einst aufhörte, um zu heiraten, war er für viele in seinem Heimatdorf eine Schande. „Besonders für meine Mutter war das schlimm“, erzählt der 76-Jährige.
Dettenkofer war zuerst bei den Karmelitern in München, trat aber wieder aus. Danach war er Pfarrer in Neuhausen. Seine Frau traf er am Starnberger See bei einem Meditationsseminar. Sie verstand seine Nöte, war sie doch selbst ehemalige Nonne. Seit Jahrzehnten setzt sich das Ehepaar für Reformen in der katholischen Kirche ein. „Die Liebe ist doch von Gott. Das ist etwas Schönes, ein Geschenk“, sagt Sieglinde Dettenkofer.
Einst hat sie im Orden Ehelosigkeit gelobt. Laut ihrem Mann war sie aber eine „zu eigenständig denkende Frau“, als dass sie sich dem Orden lange hätte ergeben können. In den 80er Jahren, da war sie schon verheiratet, schloss sie Kontakt mit anderen Frauen, die Priester lieben – damals entstand die „Initiativgruppe vom Zölibat betroffener Frauen“.
Heimlich leben diese Frauen mit Priestern, manchmal getarnt als Haushaltshilfen, oft auch nur als Geliebte im Verborgenen. „Es geht nicht um Sexualität, es geht um viel mehr“, sagt Sieglinde Dettenkofer. Darum, dass die Frauen nie einen wirklichen Partner haben, darum, dass die Kinder ihren Papa nicht kennen oder ihn für einen Onkel halten. „Hinter jeder Leidensgeschichte eines Priester steht auch die einer Frau“, sagt Dettenkofer.
Sie kennt Frauen, die vergeblich um Alimente bettelten – der Unterhalt ist bei Vätern, die es eigentlich gar nicht gibt, schwer einklagbar. Insgeamt habe sich da aber die Lage der Frauen gebesstert. „Die jungen Frauen heute sind nicht mehr so angewiesen auf den Mann – rein finanziell.“ Das persönliche Leid der Frauen im Schatten ist dadurch aber nicht gemildert.
Was die Dettenkofers besonders ärgert, ist Doppelmoral. Die Kirche wisse oft Bescheid, dulde auch Kinder, solange der Pfarrer nicht zu seiner Familie steht. „Man darf Frauen haben, Kinder, man darf homosexuell sein – und man bleibt im Amt. Nur verheiratet sein, das darf man nicht“, sagt Wolfgang Dettenkofer. Ein Pfarrer mit Kindern, so mutmaßt er, sei sogar besonders gut lenkbar, weil er erpressbar sei. Wolfgang Dettenkofer ist nach all den Jahren nicht sehr zuversichtlich: „Diese Kirche ist reformunfähig. Leider."
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