Entern die Piraten das Abgeordnetenhaus?
Die Piratenpartei könnte bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus erstmals die Fünf-Prozent-Hürde knacken und ein deutsches Parlament entern. Sie sei eine ernstzunehmende Protestpartei, meint ein Wahlforscher der FU Berlin.
Berlin – Die Piratenpartei ist nach Ansicht des Politologen Oskar Niedermayer eine ernstzunehmende Protestpartei, die bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin vor allem den Grünen Wähler streitig machen kann. „Die Piraten bilden so eine Art Protestventil. Und sie gelten als noch unverbrauchte Leute“, sagte der Parteienforscher von der Freien Universität Berlin in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Ich vermute auch, in Berlin holen die Piraten stärker als sonst von den Grünen Stimmen.“ Ein Teil dieser Wähler könne die Umweltpartei, die einen sehr personalisierten Wahlkampf führe, als „zu brav“ empfinden.
Die 2006 gegründete Piratenpartei erreicht in den Umfragen zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses zurzeit 4 bis 4,5 Prozent der Stimmen. Experten trauen ihr bei der Wahl am 18. September den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde zu. Der Berliner Landesverband hat derzeit rund 1000 Mitglieder, nach Angaben der Piratenpartei gibt es jeden Tag drei neue Beitritte.
Sie fordert eine möglichst große Freiheit im Internet, setzt sich für mehr Transparenz in der Politik ein und plädiert für einen Mindestlohn von zehn Euro. Zu ihrem Programm gehört auch die kostenlose Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs in Berlin. Das Land soll zudem in öffentlichen Einrichtungen einen kostenlosen Internet-Zugang (W-LAN) bereitstellen.
Potenzial haben die Piraten schon 2009 gezeigt
„Dass die Piraten jetzt in Berlin so stark geworden sind, hat mich selber auch ein wenig überrascht“, meinte Niedermayer. Der Parteienforscher sieht aber große Chancen für die Partei, in Parlamente einzuziehen. Schließlich sei sie bei der Bundestagswahl 2009 „aus dem Stand heraus“ auf zwei Prozent gekommen, sagte Niedermayer. Zudem sei sie in allen Bundesländern organisatorisch vertreten und habe ein reges Parteileben über das Internet.
Für die Stammwähler der Piraten sei die Netzpolitik das wichtigste Thema und der einzige Grund, zur Wahl zu gehen, sagte Niedermayer. Er nennt sie auch „Digital Natives“ – jüngere Leute, die mit neuen Technologien, mit dem Internet und Sozialen Netzwerken groß geworden und damit sozialisiert worden sind.
Die Piraten könnten zudem eine Alternative für die Gruppe der eigentlichen Nicht-Wähler sein. „Es ist keine Spaßpartei, sondern das sind alles intelligente junge Leute“ – auch wenn sie noch nicht alle ihre Forderungen auf die Machbarkeit hin überprüften, sagte der Berliner Politologe.
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