Endzeitstimmung
Wen die Wulff-Affäre langweilt, der wird sich bald nach Langeweile sehnen. Denn es gibt sie noch, die gute alte Finanz-, Schulden-, Bankenkrise – auch wenn das Publikum davon noch weniger hören mag als von der Bettwäsche des Bundespräsidenten. Zwar traut es sich kaum jemand offen auszusprechen, aber 2012 könnte das letzte Jahre des Euro in seiner bestehenden Form sein.
Das neue Jahr beginnt wie das alte: Mit Gipfeln – in verschiedener Zusammensetzung. Mit stündlicher Pleiteerwartung für Griechenland. Mit einer Bundeskanzlerin, die unverrückbare Positionen räumt: Einst war sie für die Beteiligung von privaten Gläubigern, jetzt ist sie dagegen. Einst war sie gegen die Spekulationssteuer, jetzt kämpft sie – endlich – dafür.
Bekannt ist auch das Muster, dass sich Deutschland gerne als Schuldenschulmeister gegenüber den säumigen Südländern aufspielt, zugleich aber aber selbst Regelungen ignoriert. Dazu zählt der Versuch, die Schuldenbremse auszuhebeln, die man von allen andern verlangt, die im eigenen Grundgesetz steht, die aber nicht in den Kram passt, wenn Schäuble neues Geld braucht.
Tricks, Alarm und Flickschusterei – alles wie gehabt also? Nicht ganz. Neu sind Zerfallserscheinungen. Der Eurokurs gerät unter Druck, weil die Märkte Endzeit fürchten. Und es sieht nicht so aus, als hätte irgendjemand über den Jahreswechsel gegen diese Stimmung ein Rezept gefunden.
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