Elisabeth Leutheusser von Quistorp: "Meine drei Kanzler"

Erhard, Kiesinger, Brandt: Sie hat an der Seite der Mächtigen gelebt. Nun will die Wahl-Münchnerin ein Buch über diese spannenden Zeiten in Bonn schreiben.
Klaus Wiendl |
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US-Präsident Richard Nixon (mit Fliege) betritt 1969 den Kanzlerbungalow, empfangen von Kurt-Georg Kiesinger (l.). Am Eingang wartet Elisabeth von Quistorp (r. und kleines Foto).
US-Präsident Richard Nixon (mit Fliege) betritt 1969 den Kanzlerbungalow, empfangen von Kurt-Georg Kiesinger (l.). Am Eingang wartet Elisabeth von Quistorp (r. und kleines Foto).

München - Kommende Woche findet der dritte Ludwig-Erhard-Gipfel im Geiste des ehemaligen Bundeskanzlers in Rottach statt. Für eine Wahl-Münchnerin hat Erhard eine ganz besondere Bedeutung. Er war ihr Trauzeuge und jahrelang ihr Chef. Doch nicht nur Erhard ist Elisabeth Leutheusser von Quistorp bestens bekannt.

Die Entscheider von damals, die Wirtschaftsgrößen gingen bei Erhards Hausdame ein und aus. Nun will die Seniorin eine Biografie über ihr Leben an der Seite der Mächtigen schreiben.

Elisabeth Leutheusser von Quistorp war die erste Hausdame im Bonner Kanzlerbungalow. Obwohl ihre Tätigkeiten in Bonn und Gmund schon fast ein halbes Jahrhundert zurückliegt, erinnert sich die Seniorin noch ganz genau.

"Ich hatte ein sehr bewegtes Leben", sagt die Dame heute

"Ich war 20 Jahre alt, als ich 1964 eine vom Bund angestellte Hausdame im Bonner Kanzlerbungalow wurde. Dort diente ich drei Bundeskanzlern: Ludwig Erhard bis zu seinem Rücktritt 1966, dann Kurt-Georg Kiesinger und Willy Brandt bis 1970", erzählt von Quistorp. "Ich hatte ein sehr bewegtes Leben in den sechs Jahren als Mittlerin zwischen dem Privatleben und dem Amt der jeweiligen Bundeskanzler."

Jedes Telefonat, jedes Papier landete zunächst bei ihr. Ein 24-Stunden-Job sei es gewesen, vom Wecken am Morgen, dem Besprechen des Tagesablaufs, Frühstück, Organisieren der Besprechungen mit Politikern und Referenten bis hinein in die Nacht, wo immer wieder dringende Nachrichten bei ihr eintrafen.

US-Präsident Richard Nixon (mit Fliege) betritt 1969 den Kanzlerbungalow, empfangen von Kurt-Georg Kiesinger (l.). Am Eingang wartet Elisabeth von Quistorp (r. und kleines Foto).
US-Präsident Richard Nixon (mit Fliege) betritt 1969 den Kanzlerbungalow, empfangen von Kurt-Georg Kiesinger (l.). Am Eingang wartet Elisabeth von Quistorp (r. und kleines Foto).

US-Präsident Richard Nixon (mit Fliege) betritt 1969 den Kanzlerbungalow, empfangen von Kurt-Georg Kiesinger (l.). Am Eingang wartet Elisabeth von Quistorp (r. und kleines Foto). Fotos: privat/Klaus Wiendl

Sie reist mit: "Ich war mehr im Flugzeug als zuhause"

Von Quistorp erinnert sich noch genau an die Nacht zum 20. August 1968, als sie der Anruf eines Kanzlerreferenten erreichte. "Auf meine Frage, was denn sei, sagte dieser: Die Russen sind in Prag einmarschiert. Deshalb müsse er dringend Kanzler Kiesinger sprechen".

Sie musste Gäste betreuen und Staatsbesuche vorbereiten. "Teilweise war ich mehr im Flugzeug als zuhause. Ich hatte mich darum gekümmert, dass die Herrschaften das Richtige anhatten, die Orden und Schärpen richtig am Frack saßen."

Nach dem Ausscheiden 1969 von Kurt Georg Kiesinger als dritter Bundeskanzler wohnte sie alleine im Bungalow. "Öfter kam Bundespräsident Gustav Heinemann aus seiner gegenüberliegenden Villa Hammerschmidt mit Gästen auf einen Espresso vorbei. Mit seiner Frau Hilde gab es sehr nette Gespräche auf der Terrasse."

Als junge Frau habe sie "die ganzen Sachen alle aufgesaugt". Und jetzt? Soll sie alles aufschreiben, raten ihr viele. Alle Erinnerungen an diese spannenden Jahre. Dafür will sie sich mit BR-Moderator Stefan Scheider zusammentun. Bis es veröffentlicht wird, wird es aber noch ein bisserl dauern.

Sicher wird es in der Biografie auch um Gmund gehen. Dort erholte sich Erhard in seinem Bungalow am Ackerberg. In Dürnbach heiratete von Quistorp 1970 den Brauereibesitzer Helmut Leutheusser. Trauzeuge war Ludwig Erhard.

Heute lebt sie in München. Seit der Geburt ihres behinderten Sohnes steckt sie viel Energie in Soziales. Sie ist Trauerbegleiterin, Mitbegründerin des Miesbacher Hospizvereins und des Kriseninterventionsteams.

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